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Lot 183 Dα

Zeremonienstab des Maître d'hôtel du roi Louis XVI.

Auktion 1182 - Übersicht Köln
15.07.2021, 11:00 - The Exceptional Bernard De Leye Collection
Schätzpreis: 250.000 € - 280.000 €

Zeremonienstab des Maître d'hôtel du roi Louis XVI.

Silber, vergoldet, Binsenrohr, originales gefüttertes Lederetui. Aus zwei Teilen gefertigt, die mittels eines Schraubgewindes zu einem Stück verbunden werden können. An jedem Rohrende befindet sich eine breite Vermeilmanschette mit erhabenem fleurs de lys-Dekor im Rapport auf gepunztem Fond. Die Zwingen bestehen aus reliefierten Lorbeerkränzen bzw. einem gravierten Zungenblattornament mit einem Perlband darunter. Auf der obersten Manschette ist auf eine Kartusche aufgelegt das bekrönte Lilienwappen dargestellt, umschlungen von zwei Ordensketten (eine ist das Collier de l´Ordre de Saint-Esprit). Eine große vollplastische Lilienblüte bildet den oberen Abschluss. Ungemarkt. Unteres Stabende L 75,2, oberes Stabende L 78,5, verbundene L 152,7 cm. Etui L 80,5 cm.
Paris, 1774.

Zahlreiche Ämter am französischen Hof waren mit der Ehre, einen Stab tragen zu dürfen, verbunden. Jeder Stab wurde speziell für den Träger angefertigt, für die Marschälle und Herzöge, die vier Hauptleute der vier Kompanien der Leibgarde und die Kammerherren. Es gab insgesamt zwölf Zeremonienmeister/ Kammerherren und einen Grand Maître, der traditionell das Oberhaupt des Hauses Condé war. Die Stäbe waren je nach Amt unterschiedlich gestaltet. Es gab schlichte Stäbe mit schwarzem Samt und Elfenbeinkäufen, aber auch einen mit Diamanten für den obersten Kammerherr.

Der Zeremonienstab des Maître d'hôtel war von besonderer Bedeutung bei dem großen offiziellen Mahl am französischen Hof in Versailles. Das "Grand Couvert" gilt seit dem Mittelalter als tägliches Symbol der königlichen Macht. Das Souper fand üblicherweise um 22 Uhr im Vorzimmer des Königs oder der Königin statt. Die Etikette schrieb vor, dass der König die Königin, ihre Kinder und Enkelkinder zum Essen einlädt. Der Tisch wurde von Hofdamen gedeckt, der Stuhl für den König bereitgestellt. Der Maître d'hôtel war für die Platzordnung der Prinzen und Prinzessinnen zuständig, die mit dem König speisen durften. Er musste den Hauptmann der Wache auffordern, den König zu benachrichtigen. Dieser posierte anschließend sieben seiner Soldaten mit geschulterten Karabinern auf jeder Seite des königlichen Tischs.

Am Ende des Ancien Régime wurde das Grand Couvert nicht mehr täglich, sondern nur noch an Feiertagen und sonntags abgehalten. Es ist außergewöhnlich, dass ein Stab erhalten bleibt, denn üblicherweise wurde dieser mit dem Ausscheiden aus dem Amt zerbrochen. Aus der Zeit vor der Revolution sind nur zwei weitere französische Maître d'hôtel-Stäbe bekannt, beide mit Manschetten aus Vermeil: einer wurde zwischen 1722 und 1727 angefertigt, d.h. er gehörte einem Offizier, der zu Beginn der Herrschaft Ludwigs XV. seinen Dienst ausübte. Der zweite Stab wurde vor einigen Jahren der Société des Amis de Versailles geschenkt und stammte aus dem Besitz des Comte de Royère. Er trägt das Wappen von Jacques-Antoine Justinien de Robec, Baron de Palières, Berater des Königs Ludwigs XIV. Ab 1663 bekleidete er das Amt des Maître d'hôtel im Auftrag der Königin Marie-Thérèse bis zu ihrem Tod im Jahr 1683.

Der hier vorgestellte Stab, der dritte überlieferte aus der Zeit des Ancien Régime, gehörte der Tradition zufolge André-Pierre Haudry de Soucy (1736 - 1817). Sein Vater André Haudry de Soucy (1688 - 1766) war Landwirt, aber auch Ratsherr und Sekretär von König Ludwig XV. Nach dem Tod seines Vaters 1766 erbte der Sohn zahlreiche Immobilien, darunter Häuser in Paris und riesige Ländereien südwestlich der Hauptstadt, einschließlich der Familienherrschaft von Soucy. Er übernahm die Position des Maître d'hôtel bei König Ludwig XVI. Offensichtlich hatte er über seine Verhältnisse gelebt, denn 1781 ist uns sein Bankrott überliefert.

Provenienz

Der Tradition zufolge aus dem Besitz von und ursprünglich für André-Pierre Haudry de Soucy (1736 - 1817).
Ehemals Sammlung der Marquise de Choiseul-Praslin.

Literaturhinweise

Abgebildet bei Saule, Tables Royales à Versailles 1682 - 1789, in: Kat. Versailles et les tables royales en Europe XVIIème-XIXème siècles, Musée national des châteaux de Versailles et de Trianon, Paris 1993, S. 41, Nr. 58.
Vgl. Saule, Le bâton, Fig. 8 : Bâton de maître d’Hôtel du roi, in: Bulletin du Centre de recherche du château de Versailles, Sociétés de cour en Europe, XVIe-XIXe siècle (online).
Vgl. die (Griff-)Ergänzung von Martin-Guillaume Biennais (Paris 1804) zum Bâton de Guillaume de Roquémont in der Sammlung des Louvre, Inv.Nr. MS 83 BIS.
Vgl. den Heroldstab des Toison d´Or (Brüssel, 1781) in der Sammlung Kunsthistorisches Museum Wien, Schatzkammer, Inv.Nr. WS XIV 98.