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Lot 85 Dα

Bedeutendes Tischkreuz aus der Epoche Louis XIV

Auktion 1182 - Übersicht Köln
15.07.2021, 11:00 - The Exceptional Bernard De Leye Collection
Schätzpreis: 50.000 € - 60.000 €

Bedeutendes Tischkreuz aus der Epoche Louis XIV

Silber. Kruzifix mit vollplastischem Corpus Christi auf geschweift getrepptem ovalem Fuß und fein proportioniertem Balusterschaft. Die drei Balkenenden besetzt mit großen plastischen fleur de lys. Über Christus eine flache INRI-Tafel mit gepunztem Fond. Christus als Viernageltypus mit athletischem Körper auf schrägem Podest im Kontrapost stehend, um die Hüften eine Tuchdraperie an zwei Kordeln, den Kopf in den Nacken gelegt. Marken (auf dem Boden): Paris Pächterstempelung 1672-74 für Vincent Fortier (Rosenberg 6446), Jahresbuchstabe G für 1675, MZ Guillaume II Loir. H 70, B 29 cm, Gewicht 2755 g.
Paris, Guillaume II Loir, 1675/76.

Dieses außergewöhnliche Tischkruzifix war mit großer Sicherheit für einen Altar in einem der königlichen Schlösser bestimmt. Das Modell mit den plastischen Lilienenden der Kreuzbalken findet sich auch auf einer 1715 gestochenen Abbildung des Sterbezimmers von König Louis XIV. Der elegante Corpus Christi wurde nach einem Modell von François Girardon (1628 - 1715) geschaffen. Der bedeutende Bildhauer, dessen Porträt wir vom Hofmaler Hyacinthe Rigaud kennen, war maßgeblich an der Ausgestaltung und dem Skulpturenschmuck von Schloss und Park Versailles beteiligt. Auf ihn ist dieser Typus eines elegant im Kontrapost auf einer abfallenden Stütze stehende (und nicht hängende) Christus mit der an zwei Kordeln befestigten Tuchdraperie zurückzuführen, der kurz vor seinem Tod die Augen zum Himmel erhebt.

Der Goldschmiedemeister Guillaume II Loir wurde 1625 in Paris als Sohn des Silberschmieds Nicolas Loir geboren. Am 18. November 1650 ließ er seine eigene Punze registrieren, 1653 wurde er Meister und Statthalter der Bruderschaft von Saint Anne und Saint Marcel. Aktenkundig ist eine Zahlung von 579 livres aus dem Jahr 1665 vom Schatzmeister der Silberwaren für eine Kapelle aus weißem Silber für Saint-Germain-en-Laye, dem Geburtsort Louis' XIV.

Es scheint fast unmöglich, dass ein so bedeutendes Objekt wie das hier vorgestellte Kreuz von der großen Einschmelze von 1689 verschont blieb. Das Einschmelzen seines Silbermobiliars, von dem die letzten Stücke noch 1686 angefertigt wurden, war das persönliche Opfer, das Louis XIV brachte, um die Finanzierung des Pfälzischen Erbfolgekriegs zu ermöglichen. Tische, Sessel, Leuchter, Spiegel, Orangenkübel, Vasen und sogar die Balustrade aus dem Salon de Mercure, alle repräsentativen Objekte aus Silber und Vermeil gingen zurück in die Gießereien, und Versailles wurde eines großen Teils seines Glanzes beraubt. Ein zeitgenössischer Historiker beschreibt das Gesamtvolumen dieser Aktion von ca. 25.000 kg Silber in einem Wert von 2,5 Millionen livres. Sehr wenige Objekte wurden von dieser Zerstörung verschont - darunter, wunderbarerweise - dieses Kruzifix.

Literaturhinweise

Vgl. Bimbenet-Privat, Les orfèvres et L´orfèvrerie de Paris au XVIIe siècle, Bd. I Les Hommes, Paris 2002, S. 42.
Zur Geschichte des Silbers in der Epoche Louis XIV s. Kat. Les Grands Orfèvres de Louis XIII à Charles X, Paris 1965, S. 39 ff.