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Lot 406 Dα

Verspiegelter Dresdener Schreibschrank

Auktion 1208 - Übersicht Köln
17.11.2022, 14:30 - Kunstgewerbe - Skulpturen Bronzen Möbel Teppiche
Schätzpreis: 40.000 € - 70.000 €

Verspiegelter Dresdener Schreibschrank

Mahagoni, Kirsche, Birke, Nuss, Palisander, Ebenholz, teils gefärbte Hölzer, Eiche, blauweißes Biscuitporzellan, facettiertes Spiegelglas, originale Schlösser aus Messing und Eisen. A trois corps. Schrägklappensekretär über dreischübigem Kommodenunterteil. Darüber zweitüriger Aufsatz mit verkröpft umlaufendem Gesims. Der Schreibkasten mit sechs Schüben in drei Reihen um ein zentrales Mittelfach mit bogenförmigem Abschluss, im Boden Würfelmarketerie. Im Aufsatz architektonische Ordnung durch Pilaster mit Kompositkapitellen. Ein zentrales spiegelbelegtes Fach mit Jalousieverschluss, gerahmt durch jeweils vier seitliche Schübe über einem großen Schub. Einzelne Furniere ergänzt. H 224, B 129, T 75 cm.
Dresden, Johann Christian Böhringer, 1804.

Dieser Schreibschrank entspricht dem Typus des englischen Schreibschranks, der schon am Ende des 17. Jahrhunderts unter König William und Königin Mary entwickelt wurde. Über Holland und Brandenburg gelangte dieser Möbeltypus auch nach Sachsen und wurde dort aufgenommen. Ab 1733 forderte die Dresdener Tischlerinnung ein solches Möbel als Meisterstück. Schlichte Formen, Zweckmäßigkeit und eine Vorliebe für schön gemaserte Furniere zeichnen diese Möbel aus. Später entwickeln sich Formen mit gesprengten Giebeln oder bewegten Oberflächen. Dennoch blieben sie einer gewissen ursprünglichen Geradlinigkeit verhaftet. Im ausgehenden 18. Jh. verdrängte die klassizistische Formensprache die geschweiften Aufrisse und geschwungenen Giebel, die Linien wurden gerade. Gisela Haase listet einen ähnlichen Schreibschrank von Christian Zacharias Schmidt aus dem Jahr 1790 mit Kommodenunterteil, Schreibfach unter schräger Klappe und zweitürigem Aufsatz mit aufwändigem Eingerichte.

Drei im Schrank aufgefundene Klebezettel geben uns sehr genau Auskunft über die Herkunft des Schranks. Der erste weist auf den Meister Christian Bernhard Böhringer hin, der das Möbel 1804 mit der Hilfe von Johann Martin Brandt gefertigt hat - was insofern interessant ist, da wir zwar einerseits die Namen der Meister aus den Archiven kennen. Andererseits können ihnen in den wenigsten Fällen konkrete Möbel zugeordnet werden. Die beiden anderen Zettel geben Auskunft über eine Reparatur im Jahr 1827, eine weitere im Jahr 1899 sowie den damaligen Besitzer, Herr Dr. Rudolph Müller aus Blasewitz, einem heutigen Stadtteil von Dresden. Leider liegen uns diese Klebezettel nicht im Original vor, sondern nur als notariell beglaubigte Kopien.

Zertifikat

Dr. Gisela Haase, Dresden, vom 28. Mai 2001.

Provenienz

Bis 1922 im Besitz der Erben des Dr. Rudolph Müller, Dresden.
Verlegerfamilie Oetinger.
Deutscher Privatbesitz.

Literaturhinweise

Abgebildet bei Eller, Schreibmöbel 1700 - 1850, Petersberg 2006, Abb. 172 f., S. 359.
Vgl. Haase, Dresdner Möbel, Leipzig 1993, Abb. 103.