Kim In Sook inszeniert Menschen und ihre Räume, furios, aufwendig und entlarvend; ihre Fotografien zeigen schonungslos und pointiert eine Wahrheit, die niemand wahrhaben will, einen schillernden wie furchterregenden Abgrund, der jeden Tag verleugnet wird: die Einsamkeit, die wie ein bösartiger Virus die moderne Gesellschaft befallen hat, der Verlust des Einzelnen in der Anonymität der Masse.
(...) WeiterlesenKim In Sook - Studium in Düsseldorf, Meisterschülerin bei Thomas Ruff
Kim In Sook wurde im Jahr 1969 in Busan geboren, der zweitgrößten Stadt Südkoreas, südöstlich an der Küste des Japanischen Meeres gelegen. 1999 verließ sie ihre Heimat, um in Deutschland an der Düsseldorfer Kunstakademie zu studieren. 2005 machte der vormalige Becher-Schüler Thomas Ruff Kim In Sook zu seiner Meisterschülerin; noch während ihres Studiums konnte sie Einzelausstellungen in Essen, Köln und Recklinghausen durchführen. Außerdem beteiligte sich die innovative Künstlerin an zahlreichen Gruppenausstellungen in Deutschland, Belgien, Südkorea und den USA.
Kim In Sook und Saturday Night – wenn ein Augenblick zwei Jahre dauert
Kim In Sook betreibt mitunter erheblichen Aufwand für ihre großformatigen Fotoprojekte. Dabei agiert die Fotokünstlerin oft wie eine fähige Theaterregisseurin, sucht für ihre Bilder die große Bühne und entwirft ein ganzes umfangreiches Drama für einen einzigen Schnappschuss – ein Terminus, der den gewaltigen Kompositionen der koreanischen Künstlerin eigentlich in keiner Weise gerecht wird. Für ihr aufsehenerregendes Werk Saturday Night benötigte sie insgesamt zwei Jahre, und man sieht dem Ergebnis diesen ungeheuren zeitlichen Aufwand durchaus an. Kim In Sook wählte ein Hotel in Düsseldorf als ihre Bühne, genauer gesagt dessen Fassade mit insgesamt 66 Fenstern. Für jedes dieser 66 Fenster komponierte sie eine eigene Szenerie mit unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Situationen. Nackt und bekleidet, allein und in Paaren, bei intimen und alltäglichen Verrichtungen. Fotografin und Publikum werden so zu gemeinschaftlich verschworenen Voyeuren, aber das Erblickte ist nicht anregend, sondern bestürzend: Die Vereinsamung der Vielen, die in unmittelbarer Nähe und doch unendlicher Ferne voneinander im selben Haus Wohnung genommen haben, ist auf eine unheimliche und unmittelbare Weise greifbar. Jedes Fenster wurde separat inszeniert und fotografiert und später mit der wiederum getrennt aufgenommenen Fassade kombiniert – ein fotografisches »Kunst-Stück« im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Fotografin als Beobachterin der Gesellschaft
Für Kim In Sook riskiert der Mensch, sofern er zum Teil einer Gesellschaft wird, seine individuelle Persönlichkeit und seine Menschlichkeit. Diese Überzeugung illustriert die Künstlerin am Beispiel der Frau und der Sexualität als einer wichtigen Quelle des Gefühls. Bei ihrer Recherche scheut sie auch nicht vor extremen Maßnahmen zurück: Für ihre Serie Musen studierte sie Bilder von Masochisten, adaptierte deren Art und Weise, ihre Gefühle und Begierden zu zeigen. Kim In Sook sieht sich selbst weniger als Künstlerin, denn als genaue Beobachterin, die mit ihren Fotografien nicht interpretieren oder kritisieren möchte, sondern einfach nur zeigen will, was in der Welt geschieht, was die amorphe Gesellschaft, die das Individuum verschluckt und unkenntlich macht, auszeichnet. Die Gesellschaft und ihre fortwährende Flucht in Sex, Alkohol, Drogen, Computer und Fernsehen ist das große Thema der Künstlerin, die sich keine Illusion darüber macht, dass all die Attraktionen, die heute nahezu rund um die Uhr zur Verfügung stehen, in erster Linie zur Verschleierung der quälenden Leere dienen, die den eigentlichen Kern der Existenz des modernen Menschen ausmacht.
Kim In Sook lebt und arbeitet heute in Seoul.
Kim In Sook - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: