Astrid Kirchherr

Astrid Kirchherr - Fotografie-Studium bei Reinhard Wolf in Hamburg

Astrid Kirchherr wurde am 20. Mai 1938 in Hamburg geboren. Als Kind erlebte sie die Zerstörung Hamburgs in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs mit und erinnerte sich später noch lebhaft an den Anblick der Leichen, den sie bei ihrer Flucht an die Ostsee ertragen musste. Nach ihrem Schulabschluss wollte Astrid Kirchherr Modedesign zu studieren und besuchte deshalb die Meisterschule für Mode, Textil, Grafik und Werbung in Hamburg (heute das Department Design der Fakultät Design, Medien und Information an der Hochschule für angewandte Wissenschaft). Im Rahmen ihres Studiums kam sie mit der Schwarz-Weiß-Fotografie in Berührung und bewies auf diesem Gebiet ein beträchtliches Talent. Ihr Fotografie-Lehrer Reinhard Wolf legte ihr einen Wechsel des Studiengangs nahe und stellte ihr eine Assistentenstelle in seinem Atelier in Aussicht. Kirchherr sympathisierte mit den jugendlichen Existenzialisten, den »Exis«, wie John Lennon sie später mit freundlichem Spott bezeichnete. In der Rückschau betrachtete sie diese Zeit als kindliche Experimentierphase in schwarzer Kleidung ohne tieferes Verständnis von Sartres Philosophie.

Astrid Kirchherr galt als Erfinderin der Beatles-Frisur

Astrid Kirchherr besuchte im Oktober 1960 mit ihrem damaligen Freund, dem Musiker Klaus Voormann, und ihrem Fotografenkollegen Jürgen Vollmer den Hamburger Musikclub Kaiserkeller und lernte dort die noch weitgehend unbekannten Beatles kennen – in ihrer ursprünglichen Besetzung mit den beiden »fünften Beatles« Pete Best am Schlagzeug und Stuart Sutcliffe am E-Bass. Kirchherr verliebte sich in Sutcliffe und befreundete sich mit den Beatles. Sie war von Anhieb fasziniert von deren neuartiger Musik und wollte unbedingt ein Teil davon sein. Astrid Kirchherr organisierte professionelle Fotoshootings für die Beatles, was zu dieser Zeit unüblich war, und schnitt den jungen Musikern die ersten Pilzkopf-Frisuren, die für das Auftreten der Band so charakteristisch wurden. Kirchherr selbst wies die Behauptung, sie habe den Beatles-Look kreiert, stets zurück und erklärte, an ihrer Kunstschule sei die Pilzkopf-Frisur zu dieser Zeit weit verbreitet gewesen. Trotzdem bescheinigte George Harrison der jungen Deutschen einen maßgeblichen Anteil am Image der Beatles und Paul McCartney widmete ihr das Lied Baby's in Black.

Frühes Karriereende und bleibendes Vermächtnis

Astrid Kirchherr sah in Sutcliffe ihre »Große Lebensliebe« und war untröstlich, als er 1962 an einer Gehirnblutung in ihren Armen starb. Das Foto, das sie von George Harrison und John Lennon machte, die sich in Trauer um ihren Freund vereint auf dessen Dachboden trafen, wurde berühmt. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Max Scheler fotografierte sie für den Stern die Dreharbeiten für den fiktionalen Beatles-Dokumentarfilm (»Mockumentary«) Yeah! Yeah! Yeah!, bei dem Richard Lester Regie führte. Nach ihrer Hochzeit mit dem Schlagzeuger Gibson Kemp zog sie sich weithin aus der Öffentlichkeit zurück. In den 1990er-Jahren begann Kirchherr mit der Vermarktung ihres umfangreichen Fotoarchivs, besuchte Fantreffen und veröffentlichte mehrere hochwertige Bildbände. 2011 wurde ihr Archiv für eine unbekannte Summe von einer amerikanischen Investorenfamilie erworben.

Astrid Kirchherr starb am 12. Mai 2020 in ihrer Geburts- und Heimatstadt Hamburg.