Mit ihrem Talent beeindruckte Annie Leibovitz den Rolling Stone
Annie Leibovitz wurde am 2. Oktober 1949 in Waterbury, Connecticut als drittes von sechs Kindern in ein jüdisches Elternhaus geboren. Ihr Vater gehörte als Offizier der amerikanischen Luftwaffe an, ihre Mutter, eine Tänzerin, unterrichtete Modern Dance. Leibovitz interessierte sich schon früh für die Fotografie und nutzte die zahlreichen Versetzungen ihres Vaters, um an den unterschiedlichsten Orten der Welt ihr Talent zu üben – die ersten Bilder entstanden so während des Vietnamkriegs auf den Philippinen. Die logische Folge war ein Studium der Fotografie und der Malerei am San Francisco Art Institute, mit dem Ziel, wie ihre Mutter Lehrerin zu werden. Dort kam sie mit den fotografischen Arbeiten von Henri Cartier-Bresson und Robert Frank in Berührung, die sie stark beeinflussten. Nach der Vorlage einer Arbeitsmappe bei dem Musikmagazin Rolling Stone erhielt sie dort den Posten als Cheffotografin, eine Stelle, die sie von 1973 bis 1981 ausfüllte. In dieser Zeit begleitete sie Rolling Stones auf einer Tournee, kam dabei mit Drogen in Kontakt und wurde süchtig. In den 1980er Jahren begab sie sich deshalb erfolgreich in Therapie und beteiligte sich an der Gründung der Vanity Fair.
Intime Aufnahmen der Schönen, Reichen und Mächtigen
Annie Leibovitz war von Anfang an davon überzeugt, dass ihr die angestrebten intimen Aufnahmen nur gelingen würden, wenn sie selbst ein Teil des Ganzen würde, um nicht als Besucherin, sondern als Vertraute aus dem inneren Kreis ihre Bilder zu fotografieren. Die beeindruckenden Ergebnisse gaben der Künstlerin recht: Annie Leibovitz konnte mit ihren einmaligen Bildideen und dem besonderen Verhältnis zu ihren Modellen eine unvergleichliche Atmosphäre schaffen, die jedem einzelnen Porträt einen einzigartigen Charakter verlieh. Dabei scheute die Künstlerin keinen Aufwand, entfernte für ein Porträt von Meryl Streep, für das sie die Schauspielerin auf Rosen bettete, jeden einzelnen Dorn der Blumen. Mit ihren Ideen und Vorstellungen stößt Annie Leibovitz auch bei den Mächtigen der Welt auf offene Ohren: So forderte sie Königin Elizabeth II. von England auf, endlich ihre Krone aufzusetzen – und bekam ihren Willen. US-Präsident Barrack Obama posierte für die Fotografin im Oval Office, Demi Moore ließ sich hochschwanger und völlig unbekleidet ablichten, John Lennon und Yoko Ono saßen für Leibovitz wenige Stunden vor Lennons Ermordung Modell – die dabei entstandenen Bilder gehören zu den berühmtesten Werken der Fotografin. Weitere prestigeträchtige Projekte waren der Pirelli-Kalender und eine Serie von Sportlerporträts.
Glamour statt Geschichte, Prominente statt Politik
Annie Leibovitz fotografiert gemeinsam mit ihren Prominenten auch immer den jeweiligen Zeitgeist. Als Chronistin der Popkultur wird sie für ihr besonderes Gespür weltweit gefeiert und hochbezahlt. Ihre zeitweilige Lebensgefährtin, die Publizistin Susan Sontag, bemühte sich, Annie Leibovitz zu politischeren Themen zu drängen, besuchte mit ihr den jugoslawischen Bürgerkrieg, wo eine Fotoserie über die Belagerung Sarajevos entstand, und initiierte die Serie Women über amerikanische Frauen. Trotzdem kehrte Annie Leibovitz immer wieder zu ihren Wurzeln zurück und widmete sich auch nach Sontags Tod der fotografischen Dokumentation der glitzernden Welt der Reichen und Schönen, der sie selbst mit ihren Bildern noch eine gehörige Portion Glamour hinzufügte. 2009 stand Leibovitz kurz vor dem Bankrott und lief aufgrund hoher Verschuldung Gefahr, ihren gesamten Besitz einschließlich ihrer Kunstsammlung zu verlieren, doch konnte sie durch die Aushandlung eines Moratoriums das Gröbste im letzten Augenblick abwenden.
Annie Leibovitz - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: