Vivian Maier durchlebte eine schwierige Kindheit
Vivian Maier wurde am 1. Februar 1926 in New York geboren. Die Ehe ihrer Eltern war zerrüttet: Der Vater kam mit dem multikulturell geprägten, anonymen Umfeld der Bronx nicht zurecht, verfiel dem Alkohol und dem Glücksspiel und verließ die Familie, als Vivian vier Jahre alt war. Die Mutter fand mit Vivian und ihrem älteren Bruder Carl eine Unterkunft in Boston bei der Bildhauerin und Fotografin Jeanne Bertrand, die wie Vivians Mutter aus Frankreich stammte. Dort kam Vivian Maier wohl zum ersten Mal mit der Fotografie in Berührung. Die wichtigste Bezugsperson in dieser schwierigen Zeit wurde die Großmutter mütterlicherseits, die sich um ihre Enkel sehr bemühte. Vivian Maiers Mutter kam mit den neuen Lebensumständen nicht zurecht, zog mit ihrer Tochter für einige Zeit zurück nach Frankreich, konnte dort aber keinen Fuß fassen. Der allein zurückgebliebene Bruder Carl geriet auf die schiefe Bahn, konsumierte Drogen und musste zeitweise ins Gefängnis.
Für die Entwicklung der Filme fehlte oft das Geld
Vivian Maier wurde nachhaltig von ihrer schwierigen Kindheit geprägt, zeigte aber bereits als Kind nach dem Zeugnis von Bekannten hohe Kreativität und Energie. Die guten Kontakte der Großmutter sorgten dafür, dass sie zeitweise ein Mädchenpensionat in Queens besuchen konnte, eine wirkliche Aussicht auf eine umfassende Schulbildung oder einen Abschluss besaß sie aber nie. So arbeitete Vivian Maier zeitlebens als Hilfskraft bei wohlhabenden Familien, um deren Haushalt zu führen und die Kinder zu betreuen. Diese Tätigkeit war schlecht bezahlt, ließ ihr aber genügend Freiraum für ihre Leidenschaft, das Fotografieren, der sie mit einer zweiäugigen Rolleiflex-Kamera auf den Straßen Chicagos nachging. Vivian Maier fotografierte und filmte Menschen, denen sie begegnete, in ihrem Alltag, führte mit ihnen Gespräche über politische Entwicklungen, die sie auf Tonband aufnahm und hortete in ihrem Dienstbotenquartier unzählige Dinge, die sie sammelte: Rechnungen, Fahrkarten, Zeitungsartikel, Quittungen, Schmuckstücke, Nippes und Ramsch aller Art. Außerdem lagerte sie einen Großteil ihrer Filme ein, weil ihr vielfach das Geld für die Entwicklung fehlte.
Der fotografische Nachlass gilt heute als Sensation
Vivian Maier hielt ihr Leben wie ihre fotografische Arbeit sorgsam geheim, wohl auch, weil sie sich der vielen Bruchstellen in ihrer Biografie schämte. Gelegentlich stellte sie sich auch unter falschem Namen vor. Gegen Ende ihres Lebens war sie eine Zeit lang obdachlos, kam dann aber durch den Einsatz von dreien ihrer früheren Schützlinge in einem Appartement unter. Nach einem Sturz musste sie in ein Pflegeheim, wo sie am 21. April 2009 starb. Zuvor war bereits ihr Archiv versteigert worden, weil sie die Mietkosten für die Lagerung nicht mehr aufbringen konnte. Der Geschäftsmann John Maloof, der als Hobby-Historiker auf der Suche nach Bildmaterial für ein geplantes Buch war, ersteigerte den Großteil der Bilder, verkaufte einige davon auf Ebay und begann, nachdem ihm der Kunstkritiker Allan Sekula die künstlerische Bedeutung des Werkes von Vivian Maier erklärt hatte, einen großangelegten Vermarktungsfeldzug, der zu einem bis heute nicht endgültig entschiedenen Rechtsstreit führte und Vivian Maier zu einer gefeierten Ikone der Fotografie machte.
Vivian Maier - Werke, die bereits im Kunsthaus Lempertz verkauft wurden: