Anders Petersen

Anders Petersen wurde am 3. Mai 1944 in der Gemeinde Solna in Schweden geboren. Er studierte von 1966 bis 1967 in Stockholm Fotografie bei seinem Landsmann Christer Strömholm (1918–2002), der als Begründer der modernen schwedischen Fotografie gilt. Sein erstes Fotobuch Gröna Lund erschien 1973 und zeigte auf mehr als 50 Schwarz-Weiß-Bildern das bunte Treiben vorwiegend junger Leute in dem Vergnügungspark »Gröna Lund« (dt. »Grüner Hain«) auf einer Insel vor den Toren Stockholms. Der Band wurde 2013 als auf 300 Exemplare limitiertes Hardcover-Sonderausgabe sowie als Broschüre neu aufgelegt. Mit seinem Kollegen Kenneth Gustavsson (1946–2009) beschickte Anders Petersen 1969 eine Ausstellung mit Fotografien aus den Stockholmer Elendsvierteln; 1970 gründeten sie die Stockholmer Fotografengruppe SAFTRA. An der Schule seines alten Lehrers und engen Freundes Strömholm übernahm er selbst einen Lehrauftrag. Anders Petersen übernahm außerdem Auftragsarbeiten für Zeitschriften und führt bis heute ein persönliches Fototagebuch.

Anders Petersen entdeckte sein berühmtestes Motiv, das »Café Lehmitz« in Hamburg zum ersten Mal im Alter von 18 Jahren, als er die Hansestadt besuchte, um die deutsche Sprache und das Malen zu erlernen. Aber erst bei einem zweiten Besuch im Jahr 1968 begann er damit, die Gäste der kleinen Stehbierkneipe an der Reeperbahn zu fotografieren. Dabei handelte es sich um Menschen am Rand der Gesellschaft: Alkoholiker, Kleinkriminelle, Prostituierte und Zuhälter. Das Projekt lief drei Jahre und erschien 1978 in Buchform unter dem schnörkellosen Titel Café Lehmitz; das Werk gilt als Klassiker der Milieufotografie und wurde 2022 neu aufgelegt. Auf dem Titel der Neuauflage ist das berühmteste Motiv zu sehen: Es zeigt einen Mann mit nacktem, tätowiertem Oberkörper, Rose, der sich an die Brust einer brünetten Frau, Lily, schmiegt. Der amerikanische Musiker Tom Waits (*1940) wählte das Bild Lily and Rose als Cover für sein Album Rain Dogs. Anders Petersen und sein Café Lehmitz werden oft verglichen mit Robert Frank (1924–2019) und dessen epochemachenden Bildband Les Américains / The Americans.

Anders Petersen hat verschiedene Ausstellungen in Europa und Asien bespielt; in Deutschland waren seine Bilder unter anderem in Berlin, Jena, München und Hamburg zu sehen. Für seine Bilderserien über geschlossene Institutionen besuchte er über mehrere Jahre hinweg Gefängnisse, Psychiatrische Kliniken und Altenheime. Dabei geht es dem Künstler bei seinen Bildreportagen vor allem um den respektvollen Kontakt mit den Menschen, nicht um Sensationen, Voyeurismus oder gar Bloßstellung. Für sein fotografisches Werk erhielt Anders Petersen Preise und Auszeichnungen, darunter im Jahr 2008 den Dr.-Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie.

Anders Petersen lebt und arbeitet in Stockholm.