Tirol um 1485/1490
Büste eines Propheten oder Philosophen
Lindenholz, dreiviertelrund und teilweise freiplastisch geschnitzt, auf der Rückseite abgeflacht. Große Reste der originalen farbigen Fassung. Die argumentierend gestikulierende Halbfigur des bartlosen jugendlichen Gelehrten im altertümlichen Kostüm stellt entweder einen Propheten des Alten Bundes oder einen Philosophen des Altertums dar. Mit den Armen auf eine Brüstung gestützt, eine Mantelbahn überhängend, gehörte die Büste wohl in den Schrein eines Schnitzaltars, wo er als kommentierender "Fenstergucker" von außen der Hauptszene im Schrein beiwohnte. Der Reichtum in Bewegung und Einzelformen sowie die markante Physiognomie sprechen eher für eine Entstehung der Skulptur im tiroler Einflussbereich Michael Pachers aus Bruneck im Pustertal als, so zuvor vermutet, in Schwaben oder am Oberrhein.
Linke Hand alt ergänzt. Nur äußerst geringfügige Bestoßungen. 43 x 29 x 17 cm.
Provenienz
Bis 1909 Sammlung Emil Goldschmidt, Frankfurt am Main. - Danach bis 2007 Sammlungen der Fürsten von Liechtenstein, Wien und Vaduz. - Sammlung Dr. Bernhard Decker.
Literaturhinweise
A. Kronfeld: Führer durch die Fürstlich Liechtensteinische Gemäldegalerie in Wien, 3. Aufl. Wien 1931, S. XXVIII. - Ausst.-Kat.: Meisterwerke der Plastik aus Privatsammlungen im Bodenseegebiet, Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis, Bregenz 1967, Kat. Nr. 90a.