Gesticktes Tischtuch - image-1
Gesticktes Tischtuch - image-2
Gesticktes Tischtuch - image-3
Gesticktes Tischtuch - image-4
Gesticktes Tischtuch - image-5
Gesticktes Tischtuch - image-1Gesticktes Tischtuch - image-2Gesticktes Tischtuch - image-3Gesticktes Tischtuch - image-4Gesticktes Tischtuch - image-5

Lot 1011 Dα

Gesticktes Tischtuch

Auktion 1066 - Übersicht Köln
20.05.2016, 17:00 - Ausgewählte Objekte
Schätzpreis: 6.000 € - 8.000 €
Ergebnis: 6.820 € (inkl. Aufgeld)

Gesticktes Tischtuch

Stickerei in petit point und Nadelmalerei in Wolle, Seide und Lahnfäden auf Stramin. Später angefügte Tapisseriebordüre, hinterfüttert mit Leinen. Sehr fein gesticktes, fast symmetrisches Bild einer Vase vor dicht geranktem vegetabilem Hintergrund mit zahlreichen Tieren: Eule, Papagei, Fasan, Pfau, Hase, Hirsch und Einhorn, unten zwei gegenständige Vögel, Würmer pickend. Die tapisserieartige Bordüre mit drei Kartuschen unten, in der mittleren die Allegorie einer Fortitudo. Horizontal gekürzt unter der oberen Bordüre. Einige Verluste und ältere Reparaturen, einige kleine Löcher. 128 x 213 cm.
England oder Niederlande, 17. Jh.

Komplette Stickbilder diese Größe aus dem 17. Jahrhundert sind selten. Es gibt einige kleinere in der Sammlung des Victoria and Albert Museums London, die meisten mit biblischen Szenen. Bei diesem Tuch hier steht weniger die figürliche Darstellung als der dekorative Aspekt im Vordergrund. Die Pflanzenranken erinnern an die mille fleurs-Tapisserien des ausgehenden Mittelalters. Den Tieren und Pflanzen mag eine symbolische oder allegorische Konnotation zugeordnet worden sein - heute stellt sich die Deutung als Rätsel dar. Und damit wird auch die Funktion rätselhaft. Ein vergleichbares aber früheres Tuch in der Sammlung des V & A London (Inv.Nr. T.125-1913) wird nur als "Hanging" bezeichnet. In der Sammlung The Metropolitan Museum of Art New York liegt unter der accession number 35.80.52 ein als Tischtuch bezeichnetes ähnliches Objekt aus der Zeit um 1600. Für diese Bezeichnung sprechen das Maß und die gestalterische Nähe zu den niederländischen Tischteppichen, die sich im Rijksmuseum befinden. Ein fast traditionelles Fondmotiv hier sind die in botanischer Exaktheit dargestellten gestreuten Schnittblumen, die abgesehen davon, dass sie einen nicht endenden Sommer im Haus repräsentieren, in jeder Hinsicht allegorisch deutbar sind. Auf unserem Tuch finden sich hingegen keine Schnittblumen, sondern eine exotische fantasievolle Wildnis, die wir zwar bisher nicht von Tischtüchern, aber von Wandbehängen kennen. Und sehr wahrscheinlich kannte die Stickerin solche flämischen Tapisserien. Dass die Substanz trotz kleiner Verluste und Veränderungen in gutem Zustand ist, lässt darauf schließen, dass diese außergewöhnliche Arbeit immer respektvoll und geschätzt behandelt wurde.

Literaturhinweise

Vgl. Kat. European Tapestries int he Rijksmuseum, Zwolle / Amsterdam 2004, Nr. 66 ff.