Andreas Feininger - The photojournalist (Dennis Stock) - image-1

Lot 14 D

Andreas Feininger - The photojournalist (Dennis Stock)

Auktion 1142 - Übersicht Köln
29.11.2019, 13:30 - Photographie
Schätzpreis: 10.000 € - 15.000 €

Andreas Feininger

The photojournalist (Dennis Stock)
1951

Gelatinesilberabzug 1988. 24 x 19,3 cm (25,3 x 20,3 cm). Rückseitig mit Bleistift signiert, mit Editionsstempel, darin mit Bleistift nummeriert, von fremder Hand bezeichnet sowie mit dem "Skrein Photo Collection"-Sammlungs- und -Nummernstempel. Exemplar A.P. 3/10 neben einer Auflage von 50 Exemplaren. - Unter Passepartout und Glas gerahmt.

Es gibt im Werk von Andreas Feininger nur sehr wenige Portraits. Vielmehr sind es die Themenwelt der Großstadt und die Natur, die ihn als Photograph interessierten und beruflich beschäftigten. Über zwei Jahrzehnte war er für das Magazin Life als Bildjournalist tätig. Dennoch ist es dieses Portrait, The Photojournalist, das als persönliches Meisterwerk Feiningers und als das Photographenportrait des 20. Jahrhunderts schlechthin gilt, betrachtet man die Bildauswahl in zahlreichen Lexika und Standardwerken zur Photographie des Zwanzigsten Jahrhunderts.
Die Aufnahme Feiningers entstand im Zusammenhang mit einer Gruppe von Aufnahmen, die Vertreter verschiedener Berufsgruppen zeigen, meist frontal und in Nahsicht aufgenommen und mit berufstypischen Attributen versehen. Die meisten dieser anonymisierten Portraits sind Studioaufnahmen. Das jeweilige Instrument wird dabei zum Bestandteil des Gesichtes und verdeckt den Blick auf die Augen wie eine Maske oder eine Verkleidung: Es gibt den Arzt mit seiner Stirnlampe, den Piloten mit Atemmaske, den Rennfahrer mit seinem Helm, den Fechter mit seinem Visier etc. Auch ein Selbstportrait von Feininger, das den Photographen selbst hinter einer großen Lupe zeigt, findet sich unten den Aufnahmen. Und es gibt eben jenen Photojournalisten, der durch seine ins Hochformat gedrehte Leica schaut. Die dargestellte Person - es ist der zwanzig Jahre jüngere Kollege Dennis Stock - zeichnet sich als dunkle Silhouette scherenschnittartig vor dem Hintergrund ab. Nur der präzise Kreis eines Spotlichts beleuchtet gleißend die mittlere Gesichtspartie, in der die Leica - feinmechanisches Präzisionsgerät, Statussymbol und damals wichtigstes Berufsrequisit des Photojournalisten - Auge und Nase des Dargestellten bedeckt. Das Objektiv und der aufgesteckte Entfernungsmesser bedecken nicht nur die Augen, sie ersetzten sie förmlich, wie bei einer futuristischen Plastik.
Dass diese Aufnahme zum Photographenportrait des 20. Jahrhunderts schlechthin wurde, erklärt sich durch die Suggestivkraft, die von ihr ausgeht. Die Aufnahme ist Sinnbild für Zukunftsoptimismus und Technikbegeisterung und überhöht gleichzeitig den Berufsstand des Bildjournalisten zur objektiven, rein dokumentierenden und damit unbestechlichen Instanz.

Provenienz

Lempertz-Auktion, 30. Mai 2011, Lot 144; Skrein Photo Collection, St. Gilgen

Literaturhinweise

Peter Weiermair (Hg.), 100 Jahre - 100 Bilder. Eine Geschichte der Fotografie, Zürich 1995, S. 126 mit Abb.; Brigitte Govignon (Hg.), Kleine Enzyklopädie der Fotografie, München 2005, S. 231 mit Abb.; Thomas Buchsteiner/Ursula Zeller (Hg.), Andreas Feininger. That’s Photography. Ein Fotografenleben. 1906-1999, Ausst.kat. Zeppelin-Museum Friedrichshafen, Stuttgart 2010, S. 140 mit Abb. (Variante); Hans Michael Koetzle (Hg.), Augen auf! 100 Jahre Leica Fotografie, Ausst.kat. Deichtorhallen, Hamburg u.a., Heidelberg 2014, S. 2 mit Abb. (dieser Abzug); Nathalie Herschdorfer (Hg.), The Thames & Hudson Dictionary of Photography, London 2015, S. 155 mit Abb.

Ausstellung

Hamburg 2014/15 (Deichtorhallen), Berlin 2015 (C/O Berlin), Wien 2015/16 (Fotomuseum Westlicht/Ostlicht) u.a., Augen auf! 100 Jahre Leica Fotografie