Truhe mit manieristischer Architektur
Verschiedene Furnierhölzer auf Eiche und Weichholz, graviertes Schmiedeeisen. Zweiteilig, Brettbauweise mit Klappdeckel auf separater Basis mit einem breiten Schub. Seitliche Bügelgriffe. Die Front gegliedert durch drei breite Pilaster mit intarsierten Arabesken und zwei Felder mit Architekturen in doppelten und dreifachen Ornamentrahmen. Außen um die Profilrahmen aus Eiche Kettbänder mit Münzen und Ovalen. Die beiden Schlossbeschläge mit stilisierten Männerköpfen. Ersetzte gekürzte Füße, Schubgriffe (aus Bronze) und veränderte Scharnierbeschläge innen, die beiden inneren Kästen eventuell später. H 98, B 181, T 69 cm.
Traditionell Köln, zugeschrieben, oder Süddeutschland?, um 1600.
Der Typus dieser Truhe findet sich in mehreren namhaften Museen, u.a. im Victoria & Albert Museum in London, ein weiteres Exemplar im Rheinischen Landesmuseum Bonn und eine dritte, auch fast identische Version, im Röhsska Museum in Göteborg. Sie unterscheiden sich von der hier angebotenen darin, dass sie keinen Sockel haben und dass die drei Pilaster auf der Front dieselben Architekturdarstellungen wie die quadratischen Füllungen aufweisen.
Die Fronten tragen einerseits kölnisch-rheinische Elemente wie die geometrischen Ornamentbänder, aber auch Elemente, die in dieser Form in Köln nicht auftauchen, wie die Bänder mit den Dachgauben. Die manieristischen Architekturen sind Vorlagestichen entlehnt, z.B. denen von Hans Vredeman de Vries. Früher wurde vermutet, das Vorbild dieser Darstellungen sei der Palast von Nonsuch, das von König Heinrich VIII. erbaute Schloss in Surrey.
Mit den Kölner Möbeln dieser Zeit ist meist der Name des Melchior von Rheidt (um 1590 - nach 1624) verknüpft, der einzig namentlich bekannte Schreiner, der um 1600 gearbeitet hat und überregional bekannt war. Im Gegensatz zu der hier vorgestellten Truhe kennzeichnen sich seine Arbeiten, wie beispielsweise das Ratsgestühl des Senatssaal des Kölner Rathauses, durch Grotesken und perspektivische Architektur. Es ist dennoch nicht ausgeschlossen, dass das Möbel aus dem Kölner Umkreis des Melchior von Rheidt stammt.
Literaturhinweise
Vgl. eine Truhe mit sehr ähnlicher Front im Rheinischen Landesmuseum, Bonn, in: Goldkuhle, Möbel des 16.-18. Jahrhunderts im Rheinischen Landesmuseum, Kevelaer 1964, Nr. 3.
Vgl. zwei weitere Truhen im Victoria & Albert Museum, London, Acc.no. W.17:1-1931 und 342:1, 2-1905.
Vgl. die fast identische Truhe im Röhsska Museum, Göteburg, RKM 883-1906.
Zu Melchior von Rheidt s. Werhahn-Fleischhauer, Melchios von Rheidt und die Frage der Kölner Intarsienmöbel, in: Zehnder/Schäfke (Hg), Der Riss im Himmer, Bd. I. Coellen eyn Croyn. Renaisance und Barock in Köln, Köln 1999, S. 255 ff.
Ausstellung
Ausgestellt auf der Internationalen Kunstausstellung, Köln, 1986.