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Lot 12 Dα

Spätgotische Tazza mit Reichsadler

Auktion 1182 - Übersicht Köln
15.07.2021, 11:00 - The Exceptional Bernard De Leye Collection
Schätzpreis: 35.000 € - 40.000 €
Ergebnis: 50.000 € (inkl. Aufgeld)

Spätgotische Tazza mit Reichsadler

Silber, teilweise mit Resten von Vergoldung. Fußschale auf einem schmalen, fein kannelierten Standring. Um die Wandung vertiefter Fischblasendekor, in den Zwickeln unter dem Rand stilisierte Blüten aus sechs punktförmigen Punzen. Um den inneren Rand eine gepunzte Perlenkette. Aufgewölbter, gegenläufig tordierter Nabel, die Fischblasen alternierend facettiert bzw. modelliert mit vegetabilem Relief. Im Zentrum ein reliefierter Doppeladler. Der Nabel gerahmt von einem reliefierten Lorbeerkranz. Ungemarkt. H 6, D 23,3, Gewicht 383 g.
Venedig, Ende 15. / Anfang 16. Jh.

Sogenannte Omphalos-Schüsseln, also Schalen mit einem erhabenen Nabel im Zentrum, werden seit der griechischen Antike produziert. Hier ist der Omphalos gerahmt von gewirbelten „Fischblasen". Dieses Ornament kam vermutlich ursprünglich aus dem indischen oder persischen Raum nach Europa, wo es in der keltischen Kunst schon in der La-Tène-Zeit zu finden ist. Im Mittelalter wurde es über die Buchmalerei in Zentraleuropa bekannt und fand häufig Verwendung im Maßwerk spätgotischer Kirchenfenster. Auch die Fußschale stammt aus der Antike. Ihre Bezeichung „tazza" verweist auf die Verwendung als Trinkgefäß - eigentlich arabischen Ursprungs führte sie schließlich zur Wortfindung für die deutsche Tasse.

Einer der Orte, an dem kulturelle Einflüsse aus vielen europäischen und asiatischen Ländern zusammenkamen, war über Jahrhunderte Venedig. Die Stadt lebte vom Handel, aber auch von ihrer sagenhaften Kunstproduktion, die sowohl dem Reichtum als auch den vielfältigen Inspirationen zu verdanken war.

Der Schalentypus mit den spätgotischen Stilelementen kam in Venedig im 15. Jahrhundert in Mode. Zunächst vermutlich in Silber mit Teilvergoldung produziert, ging man nach 1500 dazu über, die Schalen aus Kupfer zu schlagen und zu emaillieren. Dabei verwendete man verschiedene Emailtechniken, sowohl Zellenschmelz als auch Maleremails.

Eine weniger preziöse Variante, allerdings ohne Fuß, wurde zeitgleich auch nördlich der Alpen produziert, die sogenannte Beckenschlägerschüssel aus Messing, einem legierten Metall mit hohem Kupferanteil.

Literaturhinweise

Vgl. die kleinere godronierte Schale mit Jagdmotiv, Venedig 1480 - 1490 zugeschrieben, in der Sammlung Victoria and Albert Museum London, Leihgabe aus der Rosalind and Arthur Gilbert Collection (Acc.No. LOAN:GILBERT.544-2008).
Vgl. ibd. eine weitere Fußschale, ebenfalls Venedig 1480 - 1490 zugeschrieben, Acc.No. 274-1881.
Vgl. ibd., die mit farbigem Email bemalte Fußschale aus Kupfer, Venedig 1500 - 1550 zugeschrieben, Acc. No. C.2378-1910.