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Lot 229 Dα

Surtout de table

Auktion 1182 - Übersicht Köln
15.07.2021, 11:00 - The Exceptional Bernard De Leye Collection
Schätzpreis: 40.000 € - 45.000 €

Surtout de table

Silber, Glas, Weichholz, Nuss massiv, Schmiedeeisen. Dreiteiliger flacher Aufsatz für die Desserttafel. Zweiseitig abgerundet, die Oberseite verspiegelt, auf 18 schmalen claw-and-ball feet. Profilierte Zarge, umlegt mit 28 reliefierten Lorbeerblattfestons, befestigt an Reliefrosetten und acht Ovalplaketten mit einem weiblichen Profilkopf. Oben umlaufend ein plastisches Perlband, auf den Ecken kleine Pilaster. Marken: Französischer Importstempel von 1864 - 93 (Tardy, S. 206). H ca. 8,5, B ca. 48,5, T 194 cm.
Norditalien, um 1840.

Stefan Bursche erwähnt als den ersten überlieferten Tafelaufsatz am Hof Ludwigs XIV.: „Vaiselle que le Roy a fait faire en 1694 pour porter en campagne sur un surtout“. Der Surtout diente dazu, Kerzen, Salzgefäße, Gewürze, Essig, Öl und Saucen in der Mitte des Tisches dekorativ aufzustellen und Unordnung zu verhindern. Die ersten dieser Objekte bestanden aus Silber, hatten eine pyramidale Form und waren bei den entsprechenden Gängen etwa um eine zentrale Terrine angeordnet. Juste-Aurèle Meissonier (1695 - 1750), Multitalent des französischen Rokoko, verhalf der Tafelkultur zu neuen Maßstäben, indem er jedes Tischobjekt bis ins Detail gestaltete. Seine Entwürfe beeinflussten Goldschmiede aus ganz Europa. Mit der Zunahme der europäischen Porzellanproduktion benötigte man flachere Tafelaufsätze, auf denen Figuren abgestellt werden konnten. Die Spiegel dienten dazu, die durch das Kerzenlicht produzierte Helligkeit zu intensivieren, so dass man Details erkennen konnte. Als das Pompeji-Fieber in den 1760er Jahren die europäischen Höfe erfasste, verschwand die barocke Tafelzier und wurde durch miniaturhafte Nachbildungen von römischen Skulpturen, Vasen und Baudenkmälern ersetzt, die dazu dienten, die Konversation in Gang zu setzen. Die Publikationen des Designerduos Charles Percier (1764 - 1838) und Pierre-François-Léonard Fontaine (1762 - 1853), die die Schlösser des Kaisers ausstatteten, sorgten für Inspirationen bei der Dekoration, der Gestaltung der Möbel und Tischobjekte. Der Tafelaufsatz in Form eines erhöhten Galerietabletts wurde in feuervergoldeter Bronze favorisiert - einer der berühmtesten Hersteller war der Pariser Bronzeur und Bildhauer Pierre-Philippe Thomire (1751 - 1843). In Italien entwickelte sich der in Bologna geborene gelernte Maler und Bildhauer Filippo Pelagio Palagi (1775 - 1860) zum führenden Designer für Innenausstattung. Ab 1832 begann er das Schloss von Racconigi zu erweitern, 1834 erhielt er die Leitung des Projekts zur malerischen und dekorativen Restaurierung des Castello di Pollenzo und des Modernisierungsprojekts des Königspalastes von Turin. Die Motive des hier vorgestellten italienischen Tafelaufsatzes sind maßgeblich von ihm beeinflusst.

Literaturhinweise

Vgl. Bursche, Tafelzier des Barock, München 1974, S. 33 ff.
Vgl. Colle/ Griseri/ Valeriani, Bronzi Decorativi in Italia. Bronzisti e Fonditori Italiani dal Seicento all´Ottocento, Milano 2001, Nr. 107, die von den Bronzeurs Giovanni Colla und Chiaffredo Odetti in Bronze gegossene Zarge einer Sitzbank für den Palazzo Reale in Turin, nach einem Entwurf von Pelagio Palagi, 1838.