Großer Schneider auf dem Ziegenbock - image-1
Großer Schneider auf dem Ziegenbock - image-2
Großer Schneider auf dem Ziegenbock - image-1Großer Schneider auf dem Ziegenbock - image-2

Lot 1096 Dα

Großer Schneider auf dem Ziegenbock

Auktion 1184 - Übersicht Köln
19.11.2021, 11:00 - Kunstgewerbe
Schätzpreis: 30.000 € - 40.000 €

Großer Schneider auf dem Ziegenbock

Porzellan, farbiger Aufglasurdekor, Vergoldung. Prachtvoll staffierte, detailreiche, humoristische Gruppe eines höfischen Herrn als Schneider auf dem Ziegenbock. In einem hellpurpurnen, blau geblümten Justaucorps mit seegrüner Schärpe, eisenrot karierter Weste und gelben Kniehosen. Blaumarke Schwerter auf unglasierter Unterseite. Gekitteter Brandriss, Restaurierungen, Abbrüche an den Garnrollen. H 42, B ca. 42, T ca. 25 cm.
Meissen, das Modell von Johann Joachim Kaendler, 1737, die Ausformung wohl Mitte 18. Jh./ eventuell noch 1760er Jahre.

Das Modell ist in den Arbeitsberichten Kaendlers vom Mai 1737 folgendermaßen beschrieben: "Einen Ziegen Bock Worauf ein wohl geputzter Reiter sietzet, fast einer Ellen hoch in Thon pußiret, hat in der rechen Hand eine Fahne und über die Achsel herüber eine patron Tasche henken Worinnen unterschiedliche Stückgen gewürktes Zeug zu fertigen Verlanget worden, wie auch verschiedene Schneider Insturmenta darbey befindl. sind" (Pietsch, a.a.O., S. 47).
Die auffällige Ähnlichkeit des Schneiders mit Heinrich Graf von Brühl (1700 - 1763), dem kurfürstlich-sächsischen und königlich-polnischen Premierminister und Direktor der Meissener Porzellanmanufaktur, ist unübersehbar. Am 17. Mai 1737 wurde Freiherr von Brühl in den Reichsgrafenstand erhoben. Möglicherweise steht diese Figur im Zusammenhang mit einem Fest, das aus diesem Anlass stattgefunden hat, bei dem der Reichsgraf (und der Hof?) kostümiert waren. Wir kennen kein anderes Exemplar, das aus der Produktion des 18. Jahrhunderts stammt.

Literaturhinweise

Abgebildet im Kat. 300 Jahre Zarskoje Selo & Meissner Porzellan "Das weiße Gold", St Petersburg 2010, S. 36 f.
S.a. Berling, Festschrift zur 200jährigen Jubelfeier der ältesten europäischen Porzellanmanufaktur Meissen, 1910, Dresden 1911, Fig. 47, dort auch bezeichnet als "Brühlscher Schneider" (S. 36).
Zur Vita des Reichsgrafen s. Fellmann, Aufstieg und Fall des Heinrich Graf von Brühl, sowie Kunze-Köllensperger, Heinrich Graf von Brühl als Direktor der Meissener Porzellanmanufaktur, beides im Kat. Schwanenservice Meissener Porzellan für Heinrich Graf von Brühl, Dresden-Leipzig 2000.

Ausstellung

300 Jahre Zarskoje Selo & Meissner Porzellan "Das weiße Gold", Mai 2010 - Juni 2011, Katharinenpalast Zarskoje Selo.