Eglomisébild mit Kreuzigung - image-1

Lot 431A Dα

Eglomisébild mit Kreuzigung

Auktion 1220 - Übersicht Köln
17.05.2023, 14:00 - Möbel Kunstgewerbe
Schätzpreis: 6.000 € - 8.000 €

Eglomisébild mit Kreuzigung

Farbig bemalte Goldfolie hinter Glas auf schwarzem Grund, Weichholz mit Vergoldung über rotem Bolus und Kreidegrund. In einem oben gerundeten profilierten Holzrahmen zwölf kleine um die große zentrale, oben gerundete Scheibe. Oben die vier Evangelisten, darunter zwei weibliche und zwei männliche Heilige. In der Basis zwei Wappen, zwei Rundmedaillons mit Köpfen, seitlich die Büsten zweier Engel. Rahmen beschnitten/gekürzt, wohl älter und wiederverwendet, mit Schäden durch früheren Insektenbefall. H 69, B 49,5, T 4,5 cm.
Im Stil der italienischen Renaissance, 19. Jh.

Der Glaskünstler verwendete mehrere Vorlagen, die er kombinierte. Die Komposition kopiert seitenverkehrt die Kreuzigung von Pietro Perugino (um 1446/1452 – 1523) und Luca Signorelli (um 1441/1445 – 1523), die sich heute in der Sammlung der Uffizien in Florenz befindet. Ähnliche Engel kennen wir aus der Kreuzigung der Großen Passion von Albrecht Dürer (1471 - 1528), die ab 1511 in Buchform publiziert wurde. Das etwas unebene Glas und der vermutlich ältere Rahmen lassen den Eindruck entstehen, es würde sich um ein erheblich älteres Glasgemälde handeln.
Die romantischen Künstler des frühen 19. Jahrhunderts entdeckten die italienische und deutsche Renaissancekunst wieder; sie bereisten Italien, studierten die Objekte vor Ort und nutzten sie als Inspirationsquelle. Im Fall dieses Eglomiségemäldes griff der Künstler auf den Holzschnitt von Dürer zurück und benutzte eventuell eine schon früh gedruckte Fotografie der Kreuzigung aus den Uffizien. Er stellte die bekannten Bildschöpfungen durch das andere Material in einen neuen Kontext. Das bestätigt unsere Kenntnis der Produktion von Kunstgewerbeobjekten seit dem 18. Jahrhundert. Werkstätten und Manufakturen veränderten das Aussehen der Dinge durch eine neue Oberflächengestaltung, für die aus Kostengründen meist auf vorhandenes Repertoire zurückgegriffen wurde. Für die hochwertigen Objekte konnten Elemente immer wieder anders kombiniert werden, so dass das fertige Produkt individuell wirkte.
Das hier vorgestellte Glasgemälde beeindruckt durch seine Größe, seine gealterte Wirkung, den Detailreichtum, aber vor allem durch die meisterhafte Technik. Die feinen Goldfolien wurden auf die lavierten und mit Lackmalerei vorbehandelten Bereiche radiert. Der schwarze Malgrund bietet einen Kontrast zu der Darstellung und betont die Plastizität. Die Figuren wirken lebendig, aber nicht irdisch - das Medium transportiert das Gezeigte in eine fiktive, eine himmlische Sphäre.