Gerard David, Nachfolge
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Lot 2007 Dα

Gerard David, Nachfolge Wohl Michel Sittow - Die Geburt Christi. Mitteltafel eines Triptychons

Auktion 1231 - Übersicht Köln
18.11.2023, 11:00 - Alte Kunst und 19. Jahrhundert, Teil I
Schätzpreis: 20.000 € - 30.000 €
Ergebnis: 22.680 € (inkl. Aufgeld)

Gerard David, Nachfolge
Wohl Michel Sittow

Die Geburt Christi. Mitteltafel eines Triptychons

Öl auf Holz. 115 x 60 cm.

Die nächtliche Szenerie in einem kirchenähnlichen Raum wird von einer einzigen Lichtquelle beleuchtet, die vom Leib des Christkindes ausgeht. Dieses übernatürliche Licht fällt schlaglichtartig auf die Muttergottes und Engel, die sich mit Rind und Esel um das in der Krippe liegende Kind scharen. Es berührt auch die drei Hirten, die in einer Fensternische dem himmlischen Geschehen beiwohnen. Die Quelle für diese Darstellung findet sich in den Schriften der Hl. Brigitta von Schweden, einer Mystikerin des 14. Jahrhunderts. In ihrer Vision der Geburt Christi, die um Mitternacht in Bethlehem stattfindet, geht vom neugeborenen Christus ein göttlicher Glanz aus (splendor divinus), der einen warmen Schein auf die Gesichter von Maria und den Engeln wirft.

Bei vorliegender Tafel mit der Geburt Christi handelt es sich um die Mitteltafel eines verloren gegangenen Triptychons. Das RKD, Den Haag, hat das Werk noch mit beiden Seitenflügeln unter der Bildnummer 58519 registriert (Abb. 1): Hl. Joseph eine Kerze haltend, dahinter die Verkündigung an die Hirten (linker Flügel) und musizierende Engel (rechter Flügel).

Die vom RKD vertretene Zuschreibung des Triptychons an die Schule von Gerard David oder möglicherweise an Michel Sittow (1468-1525), die wir hier übernehmen, bedarf der weiteren Untersuchung. Es ist aber anzunehmen, dass die Tafel im frühen 16. Jahrhundert in Brügge entstanden ist. Michael Weniger hat sich in einer Studie kritisch über eine Sittow zugeschriebene Gruppe von vier Gemälden mit der Darstellung der Christnacht geäußert. Er geht davon aus, dass diese Gemälde nicht von Sittow sondern von verschiedenen Künstlern stammen. Bei der Entwicklung und Verbreitung des Bildentwurfs, der laut allgemeiner Ansicht auf eine verloren gegangene Darstellung des Hugo van der Goes zurückgreift, spielt u. a. Gerard David eine Schlüsselrolle. Es gibt etliche Christnächte aus dem letzen Viertel des 15. Jahrhunderts und dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts, die der Werkstatt, dem Kreis oder auch der Nachfolge Davids zugeschrieben werden.

Die "Geburt Christi bei Nacht" in Upton House, Warwickshire, The Bearsted Collecion (The National Trust) wird Michel Sittow zugeschrieben und kann als das qualitätvollste Werk der mit Sittow in Verbindung gebrachten Gemälde dieses Themas gelten (siehe John Oliver Hand in Ausstellungskatalog: Michel Sittow. Estonian painter at the courts of renaissance Europe, National Gallery of Art, Washington (D.C.), 28. Januar 2018 - 13. Mai 2018, S. 102-105, Nr. 19). Im Unterschied zu den meisten übrigen Versionen des Themas aber übereinstimmend mit unserer Tafel, fehlt hier die Figur des Joseph, der hinter Maria steht und eine Kerze mit der Hand verdeckt. Sie befindet sich auf dem linken, heute fehlenden Seitenflügel. Kompositorisch ist unser Bild ansonsten eng verwandt mit einer Gerard David zugeschriebenen "Anbetung des Kindes bei Nacht" in der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums, Wien (GNr. 627a, Inv. 587B).

Provenienz

August 1920, Sammlung J. und S. Goldschmidt, Frankfurt als Gerard David (Archiv Friedländer 1966, RKD, Den Haag). - Kunstsalon Störi, Zürich, Auktion 5. Dezember 1924, Lot 72, Abb. 61. - Galerie Fischer, Luzern, Auktion 23.-25. August 1928, Lot 294 als Umgebung Gerard David. - Belgische Privatsammlung (nur noch die Mitteltafel).

Literaturhinweise

Matthias Weniger: Sittow, Morros, Juan de Flandes: drei Maler aus dem Norden am Hof Isabellas der Katholischen, Kiel 2011, S. 123, Abb. 61.