Gillis van Tilborgh d. J., Umkreis - Eine vornehme Familie im Hof eines flämischen Palastes beim Lautenkonzert - image-1

Lot 2057 Dα

Gillis van Tilborgh d. J., Umkreis - Eine vornehme Familie im Hof eines flämischen Palastes beim Lautenkonzert

Auktion 1231 - Übersicht Köln
18.11.2023, 11:00 - Alte Kunst und 19. Jahrhundert, Teil I
Schätzpreis: 20.000 € - 30.000 €

Gillis van Tilborgh d. J., Umkreis

Eine vornehme Familie im Hof eines flämischen Palastes beim Lautenkonzert

Öl auf Leinwand (doubliert). 137 x 200 cm.
Links unten das Allianzwappen der Familie de Biseau, darunter das Motto "virescit vulnere virtus" und eine undeutliche Bezeichnung "Carolus (...)"..

Bei dem Familienporträt vor der Kulisse eines flämischen Barockpalastes handelt es sich wahrscheinlich um Mitglieder der noblen Familie de Biseau de Beusdael aus Mons. Ihre Identifizierung ermöglichte das doppelte Allianzwappen, das auf dem Gemälde unten links angebracht ist. Unter dem Wappen ist das Motto angebracht: "virescit vulnere virtus" (durch Wunden sprießt die Tapferkeit). Die offenkundig wichtige Verbindung, die in dieser Familie stattfand, ist Gegenstand dieses mit vielfacher Symbolik versehenen Verlöbnisbildes. Den Wappen zufolge könnte es sich bei den beiden Verlobten um Charles-Lambert de Biseau de Beusdael (circa 1650-1725) und Marie-Marg. De Molina (1660-1700) handeln. Die Szene spielt sich vor der Fassade der „Salle Saint-Georges“ ab, einem barocken Giebelhaus neben dem heutigen Rathaus von Mons auf der „Grande Place“ von Mons. Der zurückgesetzte Turm mit seiner bauchigen Spitze könnte schematisch den Belfried darstellen.
Die Familie hat sich auf einer breiten gekachelten Terrasse vor ihrem Palast zu einem Konzert versammelt. Sie posiert vor einer imposanten, majestätisch anmutenden Freitreppe, die symbolisch den „aufsteigenden“ Ruhm der Allianz veranschaulicht. Schlüssel des Geschehens ist das Paar am linken Bildrand. Eine junge Frau wird von einem Mann, der ihre Hand hält, über eine Stufe auf den oberen Teil der Terrasse geführt, auf der sich die Gesellschaft befindet. Sie ist ganz offensichtlich die Verlobte, die in die Familie „eingeführt“ wird. Die ältere, sitzende Dame, wohl die zukünftige Schwiegermutter, begrüßt die Verlobte durch Blickkontakt. Daneben spielt ihr Mann auf der Theorbe, die als Symbol familiärer Harmonie zu verstehen ist. Auf der äußeren rechten Seite posiert der jugendliche Bräutigam in vornehmer Kleidung und mit Degen, Attribute seiner hohen gesellschaftlichen Stellung. Ihn umgeben zwei junge Frauen - wohl seine Schwestern - von denen die eine mit der Hand auf die Verlobte deutet. Die Statue der antiken Göttin Ceres hinter dem Bräutigam verheisst der Verbindung Fruchtbarkeit und Wohlstand, während die beiden Hunde zu Seiten der beiden Protagonisten für ihre Treue stehen.
Die Zuschreibungsfrage dieses beeindruckenden Familienbildnisses ist bislang noch nicht ausreichend geklärt. Schon in Hinblick auf die Größe des Gemäldes muss es sich um einen bedeutenden Auftrag gehandelt haben. Bezüge zur Antwerpener Porträtmalerei, insbesondere zum Werk des Gonzales Coques sind offensichtlich. In kompositorischer und motivischer Hinsicht lassen sich Vergleiche zu Coques 1660 datiertem Familienbildnis „Bildnis einer Familie auf der Estrade“ herstellen (siehe Abb. in M. Lisken-Pruss: Gonzales Coques, 1614-1684. Der kleine Van Dyck, Turnhout 2013, Kat. 33). Stilistisch bestehen Bezüge zu dessen Nachfolger Gillis van Tilborch (Brüssel 1625-1678), der 1654 als Meister in die St. Lukasgilde zu Brüssel eingetragen wurde. Dass das Gemälde im Atelier des Gillis van Tilborch entstanden sein könnte, vermutet Drs. Claire van den Donck vom RKD, Den Haag (schriftliche Mitteilung vom 2. Februar 2015).
Zahlreiche Infrarotaufnahmen des Gemäldes wurden 2015 erstellt und sind einsehbar.

Provenienz

Belgische Privatsammlung.