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Lot 501 Dα

Dr. Richard Neuhauss - Selbstportrait

Auktion 1246 - Übersicht Köln
04.06.2024, 14:00 - Photographie
Schätzpreis: 6.000 € - 8.000 €
Ergebnis: 7.560 € (inkl. Aufgeld)

Dr. Richard Neuhauss

Selbstportrait
1901

Interferenzphotographie (Lippmann-Verfahren). 6,9 x 4,7 cm (8,5 x 6,3 x 1,9 cm). Rückseitig mit Tinte signiert, datiert, betitelt und beschriftet "Lippmann's Verfahren".

Beigabe:
Anonym
Stufenfarbentafel (Agfa), o.J.
Interferenzphotographie (Lippmann-Verfahren)
6,7 x 8 x 1,5 cm


Bei dem hier vorliegenden Objekt handelt es sich um eine frühe Farbphotographie, die im sog. Lippmann-Verfahren hergestellt wurde. Dessen Erfinder Gabriel Lippmann (1845-1921), ein aus Luxemburg stammender Physiker, Mathematiker und Professor an der Pariser Sorbonne, erhielt für sein neuartiges, auf Interferenz basierendes photographisches Verfahren, das er 1891 an der Pariser Académie des Sciences erstmals vorstellte, 1908 den Nobelpreis für Physik.
Lippmann‘s Erfindung verbreitete sich kurz nach seiner Bekanntgabe über die Landesgrenzen hinaus. Auch andere Photographen experimentierten mit seinem nicht-patentierten Verfahren. Zwischen 1894 und 1900 wurden von der ‚Société française de photographie‘ Wettbewerbe organisiert um - neben anderen Verfahren - auch "die Verbreitung der Lippmannschen Methode zu fördern". Zu den namhaften Bewunderern des Lippmann-Verfahrens zählten u.a. die Franzosen Louis und Auguste Lumière wie auch der deutsche Arzt und Anthropologe Dr. Richard Neuhauss, der früh die Vorteile der Farbphotographie für seine Arbeit erkannte. Nachdem er bereits während seines Studiums Südeuropa, Nordafrika und Nordeuropa bis zum Nordkap besucht hatte, unternahm er 1884 eine Forschungsreise in den Pazifikraum um anthropologisches Material zu sammeln. Neben der Anthropologie galt seine zweite große Leidenschaft der Photographie. Zwischen 1894 und 1907 war er Herausgeber der „Photographischen Rundschau“ und experimentierte seit 1895 mit dem Lippmann-Verfahren. 1898 verfasste er eine 70-seitige Abhandlung mit einer detaillierten technischen Anleitung zur Herstellung von Lippmann-Photographien, in deren Vorwort er schreibt: „Unter den Verfahren zur Herstellung farbiger photographischer Aufnahmen ist dasjenige von G. Lippmann bis jetzt das einzige, welches mit Recht den Namen 'Farbenphotographie' verdient.“ [Dr. med. R. Neuhauss, Die Farbenphotographie nach Lippmann's Verfahren. Neue Untersuchungen und Ergebnisse (Encyklopädie der Photographie, Heft 33), Halle Saale 1898]. Wie aus seinen Labornotizen hervorgeht, fertigte Neuhauss über 2500 Lippmann-Photographien, vor allem von unbelebten Gegenständen.
Eine interferentielle Farbaufnahme ist eine unikate, nicht reproduzierbare Photographie und zeichnet sich durch höchste Farbbrillianz aus, die jedoch nur aus einem bestimmten Winkel wahrgenommen werden kann. Sie besteht aus einer etwa 2 mm starken, mit einer Silberemulsion beschichteten Glasplatte als optischer Bildträger, deren Rückseite mit schwarzem Lack überzogen wird. Auf die beschichtete Seite der Glasplatte wird ein Glasprisma geklebt. Um die Handhabung zu erleichtern und das Bild zu schützen, werden die Kanten mit schwarzen Klebepapierstreifen versiegelt. Die Aufzeichnung einer Lichtwelle auf einer Lippmann-Platte ist vergleichbar mit der einer Schallwelle auf einer Schallplatte. In beiden Fällen hinterlässt die Schwingung (Licht oder Schall) ihren Abdruck in einer Substanz. Bei der Interferenzphotographie ermöglicht der Strahl des weißen Lichts, der in einem geeigneten Winkel auf diesen Abdruck gerichtet ist, dem Auge, jede Farbe wahrzunehmen, die der aufgezeichneten Wellenlänge entspricht. Das Lippmann-Verfahren ist bislang das einzige photographische Verfahren, das alle Farben des Spektrums festhält, anstatt sie dreifarbig zu zerlegen. Wegen der Komplexität der Herstellung, der langen Belichtungszeit von mindestens 5-10 Minuten, der hohen Kosten (durch die Verwendung von Quecksilber) und der eingeschränkten Nutzbarkeit durch den engen Betrachtungswinkel, hat es sich jedoch auf Dauer nicht durchsetzen können und wurde von anderen Verfahren abgelöst.
Richard Neuhauss präsentiert sich auf der hier vorliegenden Photographie in der Pose des selbstbewussten Gelehrten auf dem Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere in privater Umgebung im Hausmantel, dessen farbkräftiges Muster sich für die Demonstration des Verfahrens in besonderem Maße eignet. Eine zweite Version desselben Motivs befindet sich als Dauerleihgabe der 'Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt' in der Albertina in Wien.
Das hier vorliegende Objekt ist nicht nur aufgrund der Einzigartigkeit des Motivs, sondern vor allem aufgrund seiner wissenschaftsgeschichtlichen Relevanz von hoher Bedeutung.

Wir danken Manuel Sigrist, Photo Elysée Lausanne, für wertvolle Hinweise.

Provenienz

Privatbesitz, Norddeutschland