Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub - image-1
Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub - image-2
Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub - image-3
Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub - image-4
Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub - image-5
Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub - image-1Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub - image-2Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub - image-3Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub - image-4Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub - image-5

Lot 37 Dα

Ernst Ludwig Kirchner - Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub

Auktion 1247 - Übersicht Köln
04.06.2024, 18:00 - Moderne und Zeitgenössische Kunst - Evening Sale
Schätzpreis: 200.000 € - 250.000 €
Ergebnis: 239.400 € (inkl. Aufgeld)

Ernst Ludwig Kirchner

Rheinbrücke in Köln (Hohenzollernbrücke). Verso: Zeichnung Zwei Mädchen im Tub
1914

Original-Lithographie auf Velin. Verso: Bleistiftzeichnung. 40,9/41,7 x 34,6 cm. Unter Glas gerahmt. Unbezeichnet. Rückseitig mit dem geblichenen Nachlass-Stempel (Lugt 1570 b) und der handschriftlichen Nummerierung "L 250 I". Unikat. Einziges bekanntes Exemplar dieses ersten Druckzustandes. - In sehr guter Erhaltung.

Als einziges Exemplar des ersten Druckzustandes ist dieses herausragende Werk mit rückseitiger Zeichnung eine absolute Rarität.

Mit der „Rheinbrücke in Köln“ kommt ein außergewöhnliches Zeugnis der druckgraphischen Meisterschaft Ernst Ludwig Kirchners zum Aufruf. Es existiert nur ein Exemplar dieses ersten Druckzustandes mit klarer, heller Linienführung, vom überarbeiteten zweiten Zustand wurden nur fünf Exemplare abgezogen, von denen sich zwei in Museumssammlungen befinden. Das nach diesem Motiv geschaffene Gemälde ist im Besitz der Neuen Nationalgalerie Berlin.
Kirchner stand im Jahr 1914 auf dem Gipfel seiner künstlerischen Entwicklung. In Berlin, wo er seit 1911 lebte, fing er in seinen berühmten Straßenszenen die Geschwindigkeit und Komplexität des Großstadtlebens in unübertroffener Intensität ein.
Im Mai und Juli 1914 hielt er sich zum zweiten Mal für kurze Zeit in Köln auf, um eine Auftragsarbeit auszuführen. Bereits zwei Jahre zuvor hatte er gemeinsam mit Erich Heckel eine Wandmalerei für die Internationale Kunstausstellung des Sonderbunds in der Ausstellungshalle am Aachener Tor realisiert. Nun führte ihn der Auftrag des Kölner Tabakwarenfabrikanten und bedeutenden Kunstmäzens Josef Feinhals zurück an den Rhein. Anlässlich der großen Werkbund-Ausstellung gestaltete Kirchner für ihn einen Stand, an dem Feinhals seine historische Sammlung von künstlerischen Tabakwaren präsentierte.
Das Kölner Stadtpanorama beeindruckte den Künstler offenbar zutiefst, aus den kurzen Besuchen gingen drei Radierungen und eine Lithographie hervor. Die Lithographie „Rheinbrücke in Köln“ ist das eindrucksvollste dieser druckgraphischen Blätter. In einer außergewöhnlichen Komposition erfasste der Künstler die Ansicht von der Hohenzollernbrücke in Richtung Dom, wobei die Perspektive stark subjektiv geprägt ist. Ähnlich wie in seinen Berliner Straßenszenen ist der alltägliche Schauplatz zu einer Komposition von höchster Dynamik und formeller Stringenz verdichtet.
Von einem deutlich erhöhten Betrachterstandpunkt mitten auf der Brücke führt der Fußweg mit sogartiger Kraft in die Bildtiefe, Passanten eilen auf dieser Geraden dahin. Flankiert wird der Weg zu beiden Seiten von den mächtigen Brückenbogen, die im Fluchtpunkt zusammentreffen. Direkt dahinter erheben sich die charakteristischen Domtürme, die jedoch von den Streben und Bögen der erst 1911 eröffneten Brücke weitgehend verdeckt werden. Modernes Großstadtleben und Technik dominieren gegenüber jahrhundertealter Geschichte und Tradition, industriell gefertigte Stahlbauteile stellen das imposante mittelalterliche Bauwerk in den Schatten. Auch die Dampflokomotive auf dem Eisenbahngleis neben dem Fußgängerweg unterstreicht die von Kirchner intensiv erlebte Vorherrschaft des modernen Lebens.
Der Künstler war von der hier gefundenen Komposition so fasziniert, dass er sie im gleichen Jahr in dem Gemälde „Rheinbrücke“ (Gordon 387; Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin, siehe Vgl. Abb.) weiter ausarbeitete. Die Gemäldefassung besticht durch ihre Farbintensität, doch erreicht sie „längst nicht die Suggestionskraft und Ausdrucksstärke der Lithographie“ (Magdalena M. Moeller, in: Meisterwerke der Druckgraphik, op.cit., S. 168).
Unser Blatt zeigt die erste Fassung der Lithographie und ist das einzige bekannte Exemplar dieses Druckzustandes. In ihr manifestiert sich noch ganz die Frische und Spontanität der zugrundeliegenden Skizzen. In einem zweiten Zustand (Gercken 689 II; Dube 256 II, siehe Vgl. Abb.) überarbeitete Kirchner das Motiv, die Streben und Bögen der Brücke sind dort schwarz gefasst und geben dem Bauwerk eine bedrohliche Dominanz. Ebenfalls sind die Konturen der Domtürme verstärkt und der Fußweg dunkel ausgearbeitet, wodurch die architektonischen Formen stärker zu einer Einheit verschmelzen und die in unserer Fassung noch gut zu erkennenden Fußgänger optisch in den Hintergrund treten.
Nicht nur der Druckzustand macht das Blatt zu einem Unikat, auch die figürliche Skizze auf der Rückseite. Kirchner widmete sich hier in seinem charakteristischen, spontanen Zeichenstil dem Thema der Badenden im Tub – eine Motivik, die sich in vielfacher Variation in seinem Oeuvre findet. Mit über das Papier eilenden Strichen erfasste er die beiden hockenden Akte in einer flüchtigen Szene.
Gemeinsam bezeugen die lithographische wie die zeichnerische Arbeit dieses einzigartigen Blattes, mit welcher Virtuosität Ernst Ludwig Kirchner sich in den graphischen Techniken auszudrücken vermochte.

Werkverzeichnis

Gercken 689 I; Dube 256 I ("Rheinbrücke bei Köln")

Provenienz

Nachlass des Künstlers; Weinmüller, München, Auktion 112 Moderne Kunst, 21. Mai 1968, Lot 172; Privatbesitz Hessen

Literaturhinweise

Vgl. für den 2. Druckzustand u.a. Magdalena M. Moeller, Ernst Ludwig Kirchner. Meisterwerke der Druckgraphik, Ausst. Kat. Berlin, Essen, Bremen 1990/1991, S. 168 f.; Anita Beloubek-Hammer, Ernst Ludwig Kirchner. Erstes Sehen. Das Werk im Berliner Kupferstichkabinett, München u.a. 2004, Kat. 107 G mit Abb. 70
Vgl. für die vorbereitenden Skizzen und Zeichnungen Gerd Presler, Ernst Ludwig Kirchner. Die Skizzenbücher "Ekstase des ersten Sehens", Weingarten 1996, S. 235, Skb 41 / 3, 4, 5; Ernst Ludwig Kirchner. 90 Zeichnungen für 90 Jahre, Hommage à Roman Norbert Ketterer, Galerie Henze & Ketterer, Katalog 62, Wichtrach 2001, Kat. Nr. 41