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Lot 1173 Dα

HL. BARBARA.

Auktion 840 - Übersicht Köln
17.05.2003, 10:30 - Alte Kunst, Mai 2003
Schätzpreis: 65.000 €
Ergebnis: 73.160 € (inkl. Aufgeld)

Lindenholz geschnitzt, Rückseite abgeflacht und tief ausgehöhlt, gut erhaltene wohl um 1700 entstandene Barockfassung in Stilangleichung an die ursprüngliche gotische Fassung. "Die Heilige, ursprünglich Schreinfigur eines spätgotischen Flügelaltars, steht frontal auf grünem Terrainsockel; sie trägt ein eng anliegendes, gegürtetes Kleid mit dichtem Blumenmuster, das unter der Hüfte in parallelen, vertikalen Rundfalten fällt. Der goldene Mantel mit blauem Futter ist über beide Schultern gelegt und wird von der rechten Hand, die ursprünglich einen Palmzweig hielt, hochgerafft. Die linke Hand mit dem Klech, dem Attribut der Heiligen, hält die schurzartig drapierte rechte Mantelhälfte fest, während die linke Mantelhälfte sich über dem linken Unterarm staut und dann in glatter Bahn zum Sockel fällt. - Charakteristisch für die Nachfolge von Niklaus Gerhaert sind die tiefenräumlichen Unterschneidungen des Figurenblocks, die großzügige Schwingung der Mantelkonturen und die relativ weiche Modellierung der Draperie. Das ebenmäßige Oval des fein beseelten Gesichts, gerahmt von welligem, langem Haar, erinnert an Gerhaerts Grabstein der Kaiserin Leonore von Portugal, Gemahlin Kaiser Friedrichs III. (verstorben 1467), im Neukloster zu Wiener Neustadt. Die goldene Krone der Barbara hat ähnlichen Steinbesatz am Reif wie die Grabfigur. - Stilistisch stehen der Barbarafigur, deren bedeutende museale Qualität außer Frage steht, die um 1470/1480 anzusetzenden Skulpturen der Wiener Hofburgkapelle am nächsten. Sie sind immer als wichtige Nachfolgewerke des 1473 in Wiener Neustadt verstorbenen Niklaus Gerhaert angesehen worden. Hier finden sich in ähnlicher Weise, z. B. bei der Verkündigungsgruppe, Hohlräumigkeit, schwingende Drapierungen und jene Frische des physiognomischen Ausdrucks wie bei der Barbarafigur." (Zitat nach dem Gutachten von Dr. Alfred Schädler, München, 5.8.1985)
Plinthe und Haare mit Wurmfraß. Kleiner Unterstützungssockel rückseitig unter der Plinthe. H 99 cm.
WIEN, Nachfolger des NIKLAUS GERHAERT VON LEYDEN, um 1470-1480.

Provenienz

208. Neumeister-Auktion, München, 12.-13.5.1982, Lot 230.

Literaturhinweise

Zu den zu vergleichenden Skulpturen siehe: Österreichische Kunsttopographie, Bd. XIV, Wien 1914, S. 23ff. (Hofburgkapelle). - Ausstellungskatalog "Gotik in Österreich", Wien 1926, S. 99, Nr. 203-215. - K. Oettinger, Altdeutsche Bildschnitzer der Ostmark, Wien 1939, Taf. 20-21 (Verkündigungsgruppe). - Geschichte der Stadt Wien, Bd. VII.1: K. Ginhart, Die gotischen Bildwerke in Wien, Wien 1970, S. 45.