Georg Kolbe - Paolo und Francesca - image-1

Lot 680 D

Georg Kolbe - Paolo und Francesca

Auktion 905 - Übersicht Köln
02.06.2007, 00:00 - - 900. Auktionen - Moderne Kunst
Schätzpreis: 35.000 € - 45.000 €
Ergebnis: 47.600 € (inkl. Aufgeld)

Bronzeplastik. Höhe 39 cm. Vorderseitig am gestalteten Sockel, einer "Wolkenplinthe", links monogrammiert GK [ligiert] sowie auf der mitgegossenen Basisplinthe (12,4 x 11,3 x 3,2 cm) rückseitig in der Mitte am oberen Rand mit dem Gießerstempel "H. NOACK/BERLIN FRIEDENAU" versehen. - Mit ebenmäßiger schwarzbrauner Patina, stellenweise heller bräunlich aufgelichtet. - Dokumentiert sind nach dem Archiv des Georg Kolbe Museums nur 2 Güsse; einer befindet sich, aus dem Nachlaß des Künstlers stammend, im Georg Kolbe Museum Berlin. - Im Guß innen mit mehreren kleinen numerischen Papieraufklebern, einer unleserlich fragmentiert.
Berger 85 mit Abb. S. 287

Vor allem in Kolbes zeichnerischem Werk taucht Mitte der zwanziger Jahre das Thema des sich umarmenden Liebespaares wiederholt auf, nachdem der Künstler das berühmte Motiv von "Paolo und Francesca" aus Dantes Göttlicher Komödie, das vor allem bei Auguste Rodin in den Arbeiten zur "Porte d'Enfer" begegnet, in einer seiner ersten Zeichnungen von 1898 schon dargestellt hatte (vgl. die Angaben bei Ursel Berger, Georg Kolbe - Leben und Werk, Berlin 1990, S. 288). Die vorausgehende motivliche Variante Kolbes zu der hier vorliegenden Plastik, deren Modell zerstört ist und die in nur 2 Güssen überliefert ist, ist ein schwebendes Paar als "Wolkenfahrt" (Berger 73 mit Abb. S. 278); sie scheint schon unmittelbar von der Erzählung aus Dantes Göttlicher Komödie angeregt. Ist es dort eher ein rhythmisch parallelisiertes und enges Hintereinander der sich sehr nahen und doch wie fliehenden Figuren, gestaltet Kolbe hier ein sich umarmendes Paar in fallender Spiralbewegung ohne festen Halt. Die verschlungenen Glieder und die aufgelöste Statik treiben auch den Betrachter, der nach der idealen "Ansicht" sucht und sie eigentlich nicht findet, zur steten Drehung und zum Wechsel des Blickwinkels. In Kontur und Auffassung scheint dieses Liebespaar, das als Thema im bildhauerischen Werk Kolbes kaum vorkommt, an die Expressivität Rodin'scher Gruppen anzuknüpfen.

Werkverzeichnis

85 Berger

Zertifikat

Wir danken Ursel Berger, Georg-Kolbe-Museum Berlin, für freundliche bestätigende Hinweise

Provenienz

ehemals Leo von König, Berlin; Stuttgarter Kunstkabinett, 32. Auktion, Stuttgart 1958, Los 519; ehemals süddeutsche Privatsammlung, seitdem in Familienbestiz

Literaturhinweise

Georg Kolbe, mit einer Einführung von Richard Scheibe, 100 Lichtdrucktafeln, Marburg 1931, in: Ausst. Kat. Georg Kolbe, Kestner-Gesellschaft Hannover, Kunsthütte Chemnitz, Kunstverein Leipzig, 1933, Tafel 46 a; Rudolf G. Binding, Vom Leben der Plastik. Inhalt und Schönheit des Werkes von Georg Kolbe, Berlin 1933, S. 67

Ausstellung

Bremen 1979 (Gerhard Marcks-Stiftung), Georg Kolbe, Nr. 25, Kat. Heft III, unpag., mit Abb. (das Berliner Exemplar)