Henry Moore - Maquette for Reclining figure No. 4 - image-1

Lot 159 Dα

Henry Moore - Maquette for Reclining figure No. 4

Auktion 943 - Übersicht Köln
28.05.2009, 16:00 - Moderne Kunst
Schätzpreis: 60.000 € - 80.000 €
Ergebnis: 78.000 € (inkl. Aufgeld)

Bronzeplastik. Höhe 9,5 cm. Breite 16,2 cm. Tiefe 7,8 cm. Auf schwarzgrünem Marmorsockel 5 x 16,5 x 9,3 cm. Eines von 11 Exemplaren. - Mit grün-bräunlicher Patina und 2 kleinen unauffälligen Farbspuren.
Read 331, mit ganzseitiger Abb. Nr. 59 (Gips)

Die von Henry Moore so genannten 'Maquetten' sind als 'plastische Skizzen' in der Findung und Formulierung erster Bildideen zu begreifen. Diese Form der ersten künstlerischen Äußerung steht in einer langen Tradition seit der Renaissance, in der anhand von Terracotta-Bozzetti Standbilder oder Grabmäler, d.h. größere figürliche Kompositionen geplant und geübt wurden. Im Zuge der Moderne erfährt die Skizze, resp. das Bozzetto eine Umbewertung vom Status der handwerklichen Vorarbeit hin zu der Eigenständigkeit der ersten und eigentlichen Bildidee. In diesem Sinne sind auch die Maquetten Moores zu verstehen, die nicht ausschließlich auf größere Bildideen deuten, sondern Formen der Natur in ihrer spielerischen Vielfalt variieren. Von Steinen, Knochen und Ästen inspiriert, erfahren natürliche Materialien metamorphotische Wandlungen.
"In den inspirationsfördernden 'Transformation Drawings', von denen die meisten um 1932 entstanden, vollzieht sich während des Zeichnens nach dem Modell 'automatisch' eine Metamorphose von der ambivalenten Naturform zur künstlerischen 'Gestalt'. In dieser schöpferischen Anverwandlung der in der Natur wirkenden Lebenskräfte liegt schließlich das eigentliche Geheimnis der Bildwerke Henry Moores. Von hier aus wird auch verständlich, daß es für ihn keinen Gegensatz zwischen 'gegenständlich' und 'abstrakt' geben kann. Insbesondere an den Hauptthemen - 'Mutter und Kind' und 'Reclining Figure' - wird das Problem der Moore in den dreißiger Jahren stark beschäftigenden 'opening-out' und 'opening-up'-Formen mit ihren Hebungen, Senkungen, Löchern und Höhlen in zahlreichen Skizzen 'abgetastet'. [...] Moores kleine Bronzen, die hauptsächlich zwischen 1938 und der Mitte der fünfziger Jahre entstanden sind, wirken nicht wie 'bozzetti', sondern sind echte 'Kleinplastiken'." (Erich Steingräber, Henry Moore, Maquetten, München 1978, S. 12 ff., S. 24)
Bei den Maquetten von Henry Moore handelt es sich um zunehmend eigenständige, von der Vorarbeit für Großplastiken weitgehend emanzipierte Arbeiten; die kleine Guß-Auflage dürfte in diesem Zusammenhang gesehen werden. Die hier angebotenen Werke repräsentieren gleichsam die Hauptthemen im Oeuvre Henry Moores.
"Das Loch", beschreibt Henry Moore in einem 1937 publizierten Artikel, "verbindet eine Seite mit der anderen und macht das Ganze sofort deutlich dreidimensional. Ein Loch kann an sich ebensoviel Formbedeutung haben wie eine feste Masse. Skulptur in Luft ist dort möglich, wo der Stein nur das Loch enthält, das die beabsichtigte, ins Auge gefaßte Form ist." (zit. nach ebenda, S. 76)

Werkverzeichnis

Read 331, mit ganzseitiger Abb. Nr. 59 (Gips)

Provenienz

Vom Vorbesitzer direkt beim Künstler erworben; seitdem süddeutsche Privatsammlung