Lot 1521 Dα

Nach dem Format und der Thematik der halbfigurigen Komposition gehörte das Gemälde ursprünglich zum Ensemble eines Flügelretabels. Wie der Goldgrund nahelegt, wird es die Vorderseite der Predella geschmückt haben. Das in den Goldgrund gravierte Granatapfelmuster läßt sich leicht variert ab 1490 in Werkstätten in Ulm und im Allgäu nachweisen. Auch die Figuren basieren auf in der Ulmer Kunst entwickelten Prototypen. Die individuelle Ausbildung der männlichen Gesichter, die weichgebauschten Draperien und die lebhafte Farbigkeit lassen die Entstehung dieser Tafel gegen 1500 ansetzen.
Die Zuschreibung unserer Predellentafel an Jacob Schick findet sich bereits im Katalog der Schwäbischen Kreisausstellung zu Augsburg 1886 sowie in dem vom Norbert Lieb verfaßten Eintrag "Jacob Schick" in Thieme-Becker. Ihr schließt sich Isolde Lübbeke in einem Gutachten von 1997 an.
Der Schmerzensmann zwischen Maria und Johannes ist in der Komposition von der Kreuzigung abgeleitet. Während die halbfigurige Wiedergabe in der italienischen Kunst beheimatet ist, gehört das Motiv der "Imago Pietatis", die sich in Andachtsbildern des Schmerzensmanns und im Erbärmdebild ausdrückt, zum typischen Themenkreis der Spätgotik nördlich der Alpen, der der kontemplativen Verinnerlichung der Leiden Christi dienen sollte.