Otto Greis

Otto Greis wollte zuerst Ingenieur werden

Otto Greis wurde am 28. August 1913 in Frankfurt am Main geboren. 1932 begann er in seiner Heimatstadt ein Maschinenbaustudium, wurde aber durch die Bekanntschaft mit einem Schüler des expressionistischen Malers Karl Hofer (1878–1955) ermutigt, sich der bildenden Kunst zuzuwenden. 1934 brach er sein Studium ab und nahm bei dem Maler Johann Heinrich Höhl (1904–1982) privaten Mal- und Zeichenunterricht. Während regelmäßiger Sommerurlaube in Ostfriesland entstanden kraftvoll kolorierte Landschaftsaquarelle, die der Künstler meist von einem kleinen Ruderboot aus malte. Otto Greis diente von 1939 bis 1945 als Sanitätssoldat im Zweiten Weltkrieg, dessen Schrecken er mit der Lektüre von Goethe und Laotse kompensierte. Unmittelbar nach Kriegsende machte Greis die Bekanntschaft des großen Pioniers der Moderne in Deutschland, Ernst Wilhelm Nay (1902–1968), mit dem er bis 1948 einen engen und fruchtbaren Austausch über künstlerische Fragen pflegte. Insbesondere das frühe Nachkriegswerk Otto Greis' zeigt eine große Nähe zu Nays Schaffen sowie die Beschäftigung mit Paul Klee (1879–1940) und Paul Cézanne (1839–1906).

Mitgründer der Avantgardegruppe Quadriga

Otto Greis unternahm gemeinsam mit dem befreundeten Maler Karl Otto Götz (K. O. Götz, 1914–2017) eine Motorradfahrt nach Lüttich, um dort die zweite große Ausstellung der internationalen Künstlergruppe CoBrA zu besuchen. Dieser Besuch wurde zu einem Schlüsselerlebnis in der Karriere des jungen Malers, der in unmittelbarer Folge sein erstes informelles Bild schuf, dem weitere Werke im Stil des Tachismus folgten. 1952 gehörte Otto Greis neben Karl Otto Götz, Hans Kreutz (1923–2016) und Bernhard Schultze (1915–2005) die avantgardistische Künstlergruppe Quadriga, auf deren erster Ausstellung in der Frankfurter Zimmer Galerie Franck er mit mehreren Bildern vertreten war. Die Quadriga-Künstler trugen maßgeblich dazu bei, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Anschluss an die internationale Avantgarde fand. Greis selbst zog es immer wieder nach Paris, wo er häufiger Gast im Musée de L'Homme war, um die dort ausgestellten frühgeschichtlichen und afrikanischen Kunstwerke zu studieren. Von 1957 bis 1984 lebte der Künstler ganz in Frankreich.

Leuchtende Farben und überstrahlendes Licht

Otto Greis entwickelte auf seiner steten Suche nach einem unverwechselbaren künstlerischen Ausdruck eigenständige Positionen und veränderte seine Malweise mehrfach. Durch Versuche mit dicken Farbschichten näherte er seine Bilder dem Relief und damit der dritten Dimension an. Die Beobachtung des Lichteinfalls in der gotischen Kathedrale von Soisson inspirierte Otto Greis zu künstlerischen Experimenten mit Licht, die zu überstrahlend hellen Bildern führten. Wiederholte Reisen in den Mittelmeerraum und vor allem nach Spanien brachten den Einsatz hellerer Farben mit sich. Ein Augenleiden erschwerte in späteren Jahren seine künstlerische Arbeit, so dass sich der Künstler wenige Monate vor seinem Tod einer Operation unterziehen musste. Für seine Kunst erhielt Otto Greis Preise und Auszeichnungen, darunter postum mit anderen Quadriga-Künstlern den Binding-Kulturpreis.

Otto Greis starb am 30. März 2001 in Ingelheim am Rhein bzw. Ockenheim an den Folgen eines Schlaganfalls.