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Lot 35 D

Max Ernst - Janus

Auktion 1247 - Übersicht Köln
04.06.2024, 18:00 - Moderne und Zeitgenössische Kunst - Evening Sale
Schätzpreis: 50.000 €
Ergebnis: 115.920 € (inkl. Aufgeld)

Max Ernst

Janus
1974

Bronze. Höhe 43,7 cm. Auf der oberen Plinthe signiert und nummeriert 'max ernst 18/18' sowie mit dem Gießerstempel "A. VALSUANI CIRE PERDUE". Exemplar 18/18. Die Bronze entstand in unterschiedlich patinierten Auflagen von jeweils 20 Exemplaren (nummeriert 00/18 und 0/18 - 18/18), 8 épreuves d'artiste und einigen épreuves d'essai. - Mit lebendiger, goldbrauner Patina.

Die Sammlung Peter Schneppenheim

Mit sechs Arbeiten von Max Ernst, drei Gemälden, einer Plastik (Lots 32-35) und zwei Arbeiten auf Papier (Lots 211, 212, Auktion 1248, 5. Juni 2024), kommen ausgewählte Werke aus einer der bedeutendsten und umfangreichsten Sammlungen des deutsch-französischen Künstlers – die Sammlung Schneppenheim – zum Aufruf. Initiator dieser Sammlung war der Kölner Arzt Dr. Peter Schneppenheim (1926-2021), der die Werke über Jahrzehnte auf dem nationalen und internationalen Kunstmarkt zusammengetragen hatte. Dem beharrlichen und konstruktiven Engagement des Sammlers ist 2005 auch die Gründung des Max Ernst-Museums in dessen Heimatstadt Brühl zu verdanken. Seine umfänglichen grafischen Bestände, die illustrierten Bücher und ausgewählte Gemälde bildeten den Grundstock des einmaligen Künstlermuseums.
Peter Schneppenheim war fast zwei Dekaden leitender Chefarzt im Heilig-Geist-Krankenhaus in Köln-Longerich. Ausgleich und Erfüllung fand er sowohl in der Musik und als auch in der Kunst, namentlich in den Werken des 1891 in Brühl geborenen Malers, Grafikers und Bildhauers Max Ernst, dessen Schaffen ihm in Brühl und in Köln schon häufiger begegnet war. Eines der ersten Werke, das er bewusst wahrgenommen hatte, und bei dessen Betrachtung er sofort schmunzeln musste, war die Collage „C’est le chapeau qui fait l’homme“ von 1920. Das Schlüsselerlebnis zum Erwerb von dessen Werken war aber die erste namhafte, deutsche Retrospektive 1951 im Schloss Augustusburg in Brühl. Schneppenheim war sofort von der Vielfalt der Bildthemen und Techniken fasziniert: „Bei meiner Begeisterung für die ungewöhnlichen, bis dahin nie gesehenen Kunstwerke, wohl auch euphorisch beflügelt nach soeben bestandenem Staatsexamen, kam mir die Idee, nun selbst Bilder dieses Künstlers zu erwerben – beim Salär eines jungen Medizinalassistenten zunächst ein verwegener Wunschtraum, bis es zu ersten Arbeiten auf Papier reichte.“ (zit. nach: Max Ernst. Graphische Welten, Ausst. Kat. Brühl 2004, S. 10).
Die anfängliche Begeisterung für Max Ernst ließ bei Schneppenheim nicht nach – ganz im Gegenteil, die zunehmende Beschäftigung mit dessen Lebensstationen und Schaffen, mit dessen innovativen Bildtechniken und literarischem Horizont führte mit der Zeit zu systematischen Ankäufen mit dem Ziel, das grafische Schaffen möglichst lückenlos abzudecken. Der Ankauf von überwiegend grafischen Arbeiten war – zumindest zu Anfang – eine bewusste Entscheidung. Schneppenheim bewies von Beginn an ein bestechend gutes Auge für Qualität und Einzigartigkeit und wählte die zentralen Werke Ernsts auf Papier aus. Im Jahr 1968 entschied er sich erstmals auch für den Kauf eines Ölgemäldes und erwarb die hier zum Aufruf kommende Landschaft „Les antipodes du paysage“ (Lot 34), die ihm der renommierte und auf Max Ernst spezialisierte Galerist Fritz Valentien in Stuttgart vermittelte. Bedeutsam ist dieses Gemälde auch, weil es den Ausgangspunkt für den thematischen Schwerpunkt der Sammlung auf Landschaften bildete.
Ein besonderes Ereignis der 1970er Jahre war die persönliche Begegnung Schneppenheims mit Max Ernst und seiner Frau Dorothea Tanning anlässlich einer Rheinfahrt 1971, die das Kölner Galeristenpaar Hein und Eva Stünke für den Künstler und seine Kunden organisiert hatte. Bis zum Tod von Max Ernst am 1. April 1976 konnte die Sammlung mit substanziellen Arbeiten erweitert werden.
Ein Höhepunkt für Schneppenheim war die erste öffentliche Ausstellung seiner Sammlung 1990 im Museum Ludwig in Köln. 2001 erwarb die Kreissparkasse Köln die graphischen Bestände der Sammlung, die Teil der „Stiftung Max Ernst“ wurden. Vier Jahre später erfüllte sich mit der Eröffnung des Max Ernst Museums in Brühl für den Sammler ein „lebenslanger Wunschtraum“.
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Janus

„Janus“ ist die wohl schönste Bronzeplastik aus dem späten Werk von Max Ernst. Sie entstand 1974 in der Art der Plattenskulpturen, die erstmals von Alberto Giacometti in den 1920er Jahren geschaffen und von Max Ernst weiterentwickelt wurden. Der mit Ernst befreundete Fotograf Edward Quinn hielt bei einen Atelierbesuch den kreativen Entstehungsprozess des „Janus“ in mehreren Fotografien fest (siehe Vgl. Abb.).
Ein wichtiges Charakteristikum der plastischen Arbeiten von Max Ernst ist der additive Aufbau aus zusammengefügten Einzelelementen. Entsprechend ihrem Titel "Janus" besitzt die Plastik zwei entgegengesetzte Ansichtsseiten. Die hochrechteckige Platte wird jeweils von unterschiedlichen Köpfen bekrönt. Für die weiteren Gestaltungselemente verwendete der Künstler Spielzeugförmchen in Muschel-, Schildkröten- und Froschgestalt, die er mit Gips ausgoss, dabei jedoch die Beine bzw. Füße der Tierformen entfernte. Solchermaßen stilisiert, sind sie noch als Tiere identifizierbar, nehmen jedoch die Gestalt männlicher Geschlechtsteile an. Die Muschelform bildet auf der einen Seite paarweise angeordnet im oberen Teil der Platte einen Verweis auf weibliche Brüste, auf der anderen Seite nimmt eine Muschel direkt unter dem Kopf die Bedeutung eines Bartes oder üppigen Halsschmucks an.
Männliches und Weibliches, Tiergestalt und Menschengestalt, der im surreal-künstlerischen Kontext überhöhte Alltagsfund: Ernst spielt auf faszinierend vielfältige und humorvolle Weise mit den Formen und ihren Interpretationsmöglichkeiten: „Das ursprünglich neutrale Spielzeug wird zur maskulinen Funktion, das konventionelle Verhältnis von Form und Inhalt wird aufgebrochen und voller Witz neu präsentiert.“ (Jürgen Pech, Plastische Werke, op. cit., S. 208).

Werkverzeichnis

Nicht mehr bei Spies/Metken

Provenienz

Sammlung Dr. Peter Schneppenheim, Köln

Literaturhinweise

Vgl. Edward Quinn, Max Ernst, Barcelona 1977, Abb. S. 18 u. S. 22/23; Susanne Kaufmann, Im Spannungsfeld von Fläche und Raum. Studien zur Wechselwirkung von Malerei und Skulptur im Werk von Max Ernst, Weimar 2003, S. 110, Nr. 104 mit Abb. S. 293; Jürgen Pech (Hg.), Max Ernst. Plastische Werke, Köln 2005, S. 208-211, mit Abb.

Ausstellung

Vgl. u.a. Newport Beach/Berkeley/Indianapolis 1992/1993 (Newport Harbor Art Museum/University Art Museum, University of California/Indianapolis Museum of Art), Max Ernst, The Sculpture, Nr. 57, mit Abb. S. 44; Malmö 1995/1996 (Konsthall), Max Ernst, Skulptur, mit Abb. S. 184, 185; Turin 1996 (Museo d'Arte Contemporanea, Castello di Rivoli), Max Ernst sculture/sculptures, S. 192, mit Abb. S. 186; São Paulo 1997 (Museo Brasileiro da Escultura Marilisa Rathsam), Max Ernst, Esculturas, obras sobre papel, obras gráficas, Nr. 53, S. 38, Abb. S. 100, 101; Lissabon 1999/2000 (Fundação Arpad Szenes-Vieira da Silva), Max Ernst, esculturas sculptures, S. 87, mit Abb. S. 79; Tokio 2000 (Tokyo Station Gallery), Max Ernst, The Surrealist Universe in Sculpture, Painting and Photography, Nr. S. 60, S. 165, mit Abb. S. 79; Schwäbisch Hall/Salzburg 2009 (Kunsthalle Würth/Museum der Moderne), Albtraum und Befreiung. Max Ernst in der Sammlung Würth, S. 336 f. mit Abb.